Technologische Optionen für den Ersatz von tierischem Fett durch nichttierische Fette
Quelle: Trends in Food Science and Technology 18 (2007), 567-578.
Technologische Optionen für den Ersatz von tierischem Fett durch nichttierische Fette
Quelle: Trends in Food Science and Technology 18 (2007), 567-578.
Die Wissenschaft zeigt, dass durch eine veränderte Ernährung bestimmte physiologische Funktionen verbessert werden können. Das ist die Basis für sogenannte funktionelle Lebensmittel, die am Markt expandieren und ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung neuer Produkte sind. Auch die Fleischindustrie durchläuft deutliche Veränderungen u. a. aufgrund veränderter Kundenwünsche. Funktionelle Fleischerzeugnisse werden als Gelegenheit gesehen, das Image zu verbessern und sich mit den Ansprüchen der Verbraucher zu befassen ebenso wie Ernährungsanforderungen zu aktualisieren. In funktionellen Fleischerzeugnissen haben aufgrund ihrer Bedeutung die Fette die größte Beachtung erhalten.
Es wird immer deutlicher, dass Nahrungsfette eine Rolle bei chronischen Krankheiten spielen (v. a. Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Für eine optimale Fettaufnahme gibt es eine Reihe von Empfehlungen: u. a. prozentualer Anteil von Fett an Gesamtkalorien; prozentuale Aufteilung des Fettes auf gesättigte, einfach bzw. mehrfach ungesättigte Fettsäuren; maximale Cholesterinaufnahme; Verhältnis zwischen ω-6- und ω-3-Fettsäuren.
Generell ist die Ernährungssituation in westlichen Ländern durch eine zu geringe Zufuhr an ω-3-Fettsäuren gekennzeichnet. In pflanzlichen Ölen (z. B. Mais, Soja, Lein, Walnuss, Raps) findet man v. a. α-Linolensäure. Dagegen kommen die langkettigen ω-3-Fettsäuren wie EPA (Eicosapentaenoic acid) und DHA (Docosahexaenoic acid) in Fischölen vor. Hier bestehen mit deren Oxidationsempfindlichkeit als auch mit deren fischigen Aroma zwei wesentliche Probleme, denen durch aufwändiges Raffinieren bzw. antioxidativen Schutz entgegengetreten werden muss.
Eine verbesserte Fettrezeptierung bedeutet den teilweisen Ersatz von tierischem Fett durch andere (pflanzliche oder marine) Fette, um obigen Empfehlungen besser gerecht zu werden.
Neben der Verbesserung des Gehaltes an ω-3-Fettsäuren können (andere) pflanzliche Öle z. B. auch zur Steigerung der Werte an einfach ungesättigten Fettsäuren eingesetzt werden. Viele enthalten weitere bioaktive Inhaltsstoffe wie Antioxidantien oder Vitamine.
Für funktionelle Fleischerzeugnisse werden sowohl flüssige als auch feste nichttierische Fette verwendet. Diese weisen gegenüber Fleischfett unterschiedliche physikochemische Eigenschaften auf, weshalb die technologischen Bedingungen u. U. angepasst werden müssen, um die gewünschte Produktqualität zu erreichen. Diese Ersatzfette können direkt, verkapselt, voremulgiert oder als Teil von Pflanzen zugegeben werden. Öl muss im Produkt in Form beständiger Tröpfchen vorliegen, die auch während der Verarbeitung und Erhitzung nicht zusammenfließen, was in Fettverlust und verminderter Qualität resultieren würde. Sind die Fette schlecht zu stabilisieren, werden sie häufig voremulgiert eingesetzt (als Öl-in-Wasser-Emulsion mit einem nichttierischen Protein als Emulgator). Dadurch wird das Fett in einer Proteinmatrix dauerhaft gebunden und die Oxidationsanfälligkeit merklich herabgesetzt.
Mikroverkapselung wird benutzt zur Stabilisierung aktiver Substanzen (z. B. gegen Oxidation), deren kontrollierter Freisetzung sowie Maskierung unangenehmer sensorischer Eigenschaften. Dazu können Proteine oder Polysaccharide eingesetzt werden. Allerdings können bei diesem Verfahren nur deutlich geringere Fettmengen ins Produkt eingearbeitet werden, weshalb obige Empfehlungen z. T. nur schwer erreichbar sind. Um den Schmelzpunkt anzuheben können Öle (teil)hydriert oder umgeestert werden, wobei beim ersten Fall Transfettsäuren mit nachteiligen gesundheitlichen Wirkungen entstehen können.
Ein wesentlicher Faktor bei veränderten Rezepturen ist häufig die erhöhte Oxidationsanfälligkeit der eingesetzten Fette, die sich negativ auf die Produktqualität und die Gesundheit auswirken kann. Das ist abhängig u. a. vom eingesetzten Öl bzw. den enthaltenen (hochungesättigten) Fettsäuren, den Verarbeitungsbedingungen (den Energieeinträgen), den Konzentrationen an Pro- und Antioxidantien sowie dem Sauerstoffgehalt. Diesem Prozess wirken Radikalfänger (z. B. Rosmarinextrakt), Komplexbildner (Citrate) und Reduktionsmittel (Isoascorbat) sowie Umrötemittel (Nitrit) entgegen.
Durch mit gesünderen Fettsäuren angereicherte Lebensmittel können physiologische Funktionen verbessert werden, ohne das Ernährungsverhalten umstellen zu müssen oder Nahrungsergänzungsmittel zu verwenden. Das birgt ein beträchtliches Marktpotential u. a. für Fleischerzeugnisse, weil hier aufgrund ihres z. T. höheren Fettgehaltes leichter gewünschte Fettsäuren angereichert werden können. Dazu müssen die in einer Tagesration enthaltenen Fettsäuren hinsichtlich ihrer Verteilung als auch ihrer Konzentration so liegen, dass damit die gewünschte Wirkung – wissenschaftlich fundiert – erreicht werden kann.
Aus dem Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach (2008) 47, Nr. 182 – Praxis-Informationen – S. 281 f
Das Mitteilungsblatt wird von der Förderergesellschaft für Fleischforschung in Kulmbach herausgegeben und kostenlos an die 740 Mitglieder versand. Die Fördergesellschaft setzt ansehnliche Mittel ein, die für die Forschungsarbeit des Max Rubner-Instituts (MRI), Standort Kulmbach genutzt werden.
Mehr unter www.fgbaff.de
Quelle: Kulmbach [ Münch ]