Gegen eine zu scharfe Blutdrucksenkung bei Diabetikern sprach sich Prof. Ulrich Kintscher (Center for Cardiovascular Research, Institut für Pharmakologie; Charité – Universitätsmedizin Berlin) auf einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) aus.
Gegen eine zu scharfe Blutdrucksenkung bei Diabetikern sprach sich Prof. Ulrich Kintscher (Center for Cardiovascular Research, Institut für Pharmakologie; Charité – Universitätsmedizin Berlin) auf einem Pressegespräch anlässlich der 77. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) aus.
Weil Diabetes Typ 2 und Hypertonie hinsichtlich Sterblichkeit und kardiovaskulären Komplikationen eine Hochrisiko-Konstellation sind, wurde Betroffenen bis vor kurzem eine besonders niedrige Blutdruckeinstellung auf Werte unter 130 / 80 mmHg empfohlen, obwohl sich die Studienlage für dieses Vorgehen bisher weder eindeutig noch abschließend zeigte. Prof. Kintscher: „Vergleiche und Analysen mehrerer Studien (ADVANCE, UKPD u.a.) unterstützen die Annahme einer so überstrengen Senkung nicht. Die Studien zeigen, dass Typ-2-Diabetiker hinsichtlich Herzinfarkt und Sterblichkeit von einer straffen Blutdruckeinstellung unter 130 mmHg systolisch nicht profitierten.“
Übereinstimmend mit den Empfehlungen der europäischen Hochdruckleitlinien hat sich auch die Deutsche Hochdruckliga und die Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention für eine Anpassung der Zielblutdruckwerte ausgesprochen. Sie empfiehlt bei Diabetikern eine Blutdruckeinstellung in den Zielkorridor von 130-139 / 80-85 mmHg anzustreben, wobei das Optimum im unteren Korridorbereich liegt. Prof. Kintscher: „Neue Studiendaten (ACCORD) liefern keine Evidenz, dass Werte unterhalb 130 systolisch zwangsläufig zu einer Risikozunahme führen.“
Das wohl größere Problem für Hochdruckpatienten in Deutschland, so Prof. Kintscher, liegt allerdings darin, dass „die Versorgungsrealität so ist, dass weitaus mehr Diabetiker – und auch Nichtdiabetiker – durch zu hohe als durch zu niedrige Blutdruckwerte gefährdet sind.“
Antihypertensive Kombinationstherapie
Die überwiegende Anzahl der Patienten mit arterieller Hypertonie benötigt zum Erreichen der Zielwerte häufig zwei oder mehr Blutdrucksenker. Prof. Kintscher: „Hier ist die Kombination von Medikamenten aus unterschiedlichen Klassen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zu empfehlen, um die Wirksamkeit der Behandlung zu erhöhen und Nebenwirkungen zu reduzieren.“ Auch zu Beginn der antihypertensiven Behandlung kann eine frühe medikamentöse Kombinationstherapie Vorteile haben. Dies ist insbesondere der Fall bei Patienten mit hohem Ausgangsblutdruck und hohem kardiovaskulären Risiko. Prof. Kintscher: „Die Vorteile einer initialen Kombinationstherapie bestehen in einer effektiveren und schnellen Blutdrucksenkung, was bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko wichtig ist.“
Mehrere Kombinationen aus zwei unterschiedlichen Substanzklassen haben sich als effizient und gut verträglich herausgestellt. Das sind beispielsweise Kombinationen aus entwässernden Medikamenten (Diuretika) und ACE-Inhibitoren oder AT1-Rezeptorblockern, aus Calciumantagonisten und ACE-Inhibitoren beziehungsweise AT1-Rezeptorblockern sowie Kombinationen aus Calciumantagonisten und Diuretika. Wurde die Entscheidung zur Kombinationstherapie getroffen, können zur Vereinfachung des Behandlungsschemas und zur Verbesserung der Compliance (Medikamenten-Treue) „Single pill“ Kombinationen eingesetzt werden: 2 in 1 Tablette kombinierte antihypertensive Wirksubstanzen.
„Bei 15-20 Prozent der Bluthochdruckpatienten können die Zielblutdruckwerte mit einer Zweierkombination nicht erreicht werden. Im Falle einer erforderlichen Dreierkombination scheint die Verwendung eines Blockers des Renin-Angiotensin-Systems, ein Calciumantagonist und ein Diuretikum sinnvoll“, so Prof. Kintscher.
Quelle: Mannheim [ DGK ]