Bioland kritisiert den von letzter Woche vorgelegten 10-Punkte-Plan von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zur Erreichung der Klimaziele im Bereich Landwirtschaft als unzureichend und schöngerechnet....
Bioland kritisiert den von letzter Woche vorgelegten 10-Punkte-Plan von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zur Erreichung der Klimaziele im Bereich Landwirtschaft als unzureichend und schöngerechnet. „Das Maßnahmenpaket, das Ministerin Klöckner gestern vorgestellt hat, basiert auf unrealistischen Annahmen und viel zu geringen Mindestwerten der berechneten Treibhausgaseinsparungen der Einzelmaßnahmen. Sie umschifft die zentrale Aufgabe eines Umbaus zur Kreislaufwirtschaft, die nur mit einer flächengebundenen Tierhaltung möglich ist. So werden die Klimaziele für 2030 im Bereich Landwirtschaft nicht zu erreichen sein“, sagt Jan Plagge, Präsident von Bioland. Bis 2030 muss der Sektor Landwirtschaft in der gleichnamigen Quellgruppe eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 11 bis 14 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten gegenüber 2016 erbringen.
Von Klöckner‘s 10-Punkte-Plan zahlen nur die ersten fünf Maßnahmen auf die Quellgruppe Landwirtschaft ein, die weiteren Maßnahmen sind der Quellgruppe Landnutzung, Landnutzungsänderung zuzuordnen. Rechnet man die unteren und damit realistischen Werte dieser fünf Maßnahmen zusammen ergibt sich nur eine Emissionsminderung von 5,5 Mio. t CO2-Äquivalenten. „Für das Klimaziel der Landwirtschaft weist Klöckner‘s Maßnahmenpaket eine massive Unterdeckung von 5,5 Mio. t CO2-Äquivalenten gegenüber dem Minimalziel der geforderten 11 Mio. t CO2 auf“, kritisiert Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik bei Bioland und ergänzt: „Nur mit einem konsequenten Umbau zur Kreislaufwirtschaft ist das möglich. Dazu ist eine Abstockung der Tierbestände unumgänglich. Ministerin Klöckner schließt diese Option jedoch kategorisch aus.“
Anstatt endlich die von der Wissenschaft schon lange geforderten Umbaumaßnahmen in Richtung Kreislaufwirtschaft auf den Weg zu bringen, nutze Julia Klöckner laut Bioland die Klimaschutzdebatte vielmehr, um die industrielle Tierhaltung weiter zu fördern. Klöckner wolle den Bau von Güllelagern und -aufbereitungsanlagen sowie von Biogasanlagen massiv fördern, obwohl eine Strategie zur Senkung der Tierbestände längst überfällig sei. „Viel Beton ändert an den Ursachen der Nährstoffüberschüsse und der Intensivhaltung der Tiere nichts. Was z.B. in den Niederlanden längst auf der Agenda steht, wird in Deutschland wieder einmal ignoriert. Ohne eine Kreislaufwirtschaft werden wir darin scheitern, unsere Klimakrise zu lösen. Die Landwirtschaftspolitik verschleiert, genau wie in der Kohlepolitik, zu lange die Fakten – das macht den notwendigen Umbau für uns alle nur teurer und noch schmerzhafter. Angesichts der drohenden zweiten Klage der EU-Kommission wegen des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie und den verbindlichen EU-Vorgaben zur Reduzierungen von Ammoniakemissionen ist dies der vollkommen falsche Weg“, sagt Wehde. Für Plagge ist Klöckner’s Vorgehen unverantwortlich: „Seit Jahrzehnten ist klar, dass zu viel Gülle und damit Nitrat in unserem Grundwasser landet, die Tierbestände viel zu hoch sind und Deutschland Jahr um Jahr wichtige EU-Umweltziele verfehlt. Wir alle zahlen dafür den Preis doppelt und dreifach. Für die Umweltschäden mit zusätzlichen Steuergeldern, für den Aufwand der Grundwasseraufbereitung und zusätzlich noch für die kommenden EU-Strafen.“
Klöckner greift mit ihrem 10-Punkte-Plan tief in die Trickkiste
Trick 1: Maßnahme 1 zeigt eine sehr große Spannbreite der Emissionsminderung durch Senkung der Stickstoffüberschüsse von 1,9 bis 7,9 Mio. t CO2. Insbesondere die Wirkung der Düngeverordnung und effiziente Gülleausbringung sollen dazu führen. Damit erhöht Klöckner ihren oberen Minderungswert gegenüber früheren Veröffentlichungen (3,5 Mio t) um 125 Prozent. Fraglich ist, auf welcher Grundlage das Ministerium fortlaufend seine Berechnungsgrundlagen ändert. Nach Einschätzung von Bioland ist mit der derzeitigen Düngeverordnung nur eine Einsparung von maximal zwei Mio. Tonnen CO2 zu erwarten. Statt Schönrechnerei braucht es realistische Maßnahmen zur Absenkung der Stickstoffüberschüsse. Wichtigster Hebel ist auch hier die deutliche Reduktion der Tierbestände hin zu einer Flächenbindung, wie es bereits Ökobetriebe praktizieren.
Trick 2: Durch die erhöhte Vergärung von Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen will das Ministerium zusätzlich 2 bis 2,4 Mio. Tonnen CO2 einsparen. Auch diese Annahmen Klöckner’s sind überzogen, würden Millionen an weiteren Fördermitteln verschlingen und die industrielle Tierhaltung manifestieren. Gülle über hunderte Kilometer zu den bestehenden Biogasanlagen zu transportieren kann nicht Sinn der Übung sein.
Trick 3: Klöckner spricht in der gestrigen Pressemitteilung von einer Zielerreichung in 2050 und ignoriert damit den Klimaschutzplan der Bundesregierung. Dort ist die Zielerreichung auch für den Sektor Landwirtschaft für 2030 vorgesehen.
Positiv ist:
Bioland begrüßt in Klöckner’s Maßnahmenpaket, dass die Ministerin den Ausbau des ökologischen Landbaus als wichtige Maßnahme zur Erreichung der Klimaziele ansieht. „Hier erwarten wir mehr Unterstützung der Bundesregierung bei der Erreichung des Ziels, 20 Prozent der Agrarfläche bis 2030 auf ökologischen Landbau umzustellen. Aktuell sind es rund 9 Prozent“, so Plagge. Zudem unterstützt Bioland ausdrücklich die Maßnahme zum Humusaufbau und damit zur CO2-Bindung in Böden, die zentraler Bestandteil einer klimapositiven Landwirtschaft werden muss.
Wie die Klimaziele realistisch erreicht werden können zeigt eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland. Laut Studie würde mit einer Reduktion des Konsums von Milch- und Fleischprodukten um ein Viertel bereits eine jährliche Einsparung von 7,8 Mio. Tonnen CO2 erbringen. Die Studie ist hier einsehbar.
Zum Bioland-Verband
Bioland ist der bedeutendste Verband für ökologischen Landbau in Deutschland. 7.700 Landwirte, Gärtner, Imker und Winzer wirtschaften nach den Bioland-Richtlinien. Hinzu kommen mehr als 1.000 Partner aus Herstellung und Handel wie Bäckereien, Molkereien, Metzgereien und Gastronomie. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und Umwelt.