Weißblechkonserven werden kritisch diskutiert. Zum einen gehört zu den Ausgangsmaterialien des Doseninnenlacks Bisphenol A, das hormonähnliche Wirkung besitzen soll. Zum anderen fordert die europäische REACH- Verordnung eine Umstellung auf chromfreie Nachbehandlungsverfahren in der Weißblechproduktion. Beschichtungssysteme auf Polyesterbasis erweisen sich in einem Forschungsprojekt des Fraunhofer IPA als vielversprechende Alternative...
Stuttgart. Weißblechkonserven werden kritisch diskutiert. Zum einen gehört zu den Ausgangsmaterialien des Doseninnenlacks Bisphenol A, das hormonähnliche Wirkung besitzen soll. Zum anderen fordert die europäische REACH- Verordnung eine Umstellung auf chromfreie Nachbehandlungsverfahren in der Weißblechproduktion. Beschichtungssysteme auf Polyesterbasis erweisen sich in einem Forschungsprojekt des Fraunhofer IPA als vielversprechende Alternative.
Lebensmittelkonserven aus Weißblech finden als Verpackungsmaterialien breite Anwendung für viele Gemüsesorten, Fisch, Fleisch und Fertiggerichte. Gegenüber anderen Verpackungsmaterialien hat Weißblech viele Vorteile. Es ist vor allem leicht und nicht zerbrechlich wie z. B.
Glas. Damit meist saure Lebensmittel auch nach langer Kontaktzeit in der Konservendose genießbar bleiben, müssen die Dosen innenbeschichtet werden.
Der Doseninnenlack verhindert, dass der Inhalt das Metall angreift und Metallionen ins Essen gelangen. Seit über 40 Jahren haben sich dafür Innenbeschichtungen auf Basis von Epoxidharzen bewährt. Eines der Ausgangsmaterialien dafür ist Bisphenol A (BPA), das aber wegen seiner hormonähnlichen Wirkung kontrovers diskutiert wird. Darüber hinaus fordert die europäische REACH-Verordnung in naher Zukunft eine Umstellung der Produktion auf chromfreie Nachbehandlungsverfahren in der Weißblechproduktion. Die neuen Beschichtungen ohne BPA als Ausgangsstoff (BPA-non-intent) müssen somit zusätzlich mit chromfrei vorbehandelten Substraten kompatibel sein. Für den Verbraucher, der ein hohes Maß an Qualität und Haltbarkeit von Konservendosen gewöhnt ist, darf dieser Wandel jedoch nicht spürbar sein.
Das Fraunhofer IPA in Stuttgart untersucht derzeit die Einflüsse der Polymer- und Netzwerkstruktur von Polyesterlacken, gehärtet mit Phenolharz, auf die Endeigenschaften der Beschichtung. Im Mittelpunkt stehen dreiteilige Konservendosen aus Weißblech. Die Haftungseigenschaften der BPA-non-intent-Doseninnenbeschichtungen auf chromhaltig und chromfrei passivierten Weißblechsubstraten stehen dabei ebenfalls im Fokus.
Durch systematische Untersuchung von Polyesterlacken sollen die Struktur- und Eigenschaftsbeziehungen ermittelt und damit eine schnellere Optimierung dieser neuen Systeme möglich werden. Zusätzlich werden Methoden zur Vorhersage der Stabilität von Polyesterbeschichtungen nach der Sterilisation und anschließender Langzeitlagerung erarbeitet und validiert.
Mechanische Beanspruchung: erst lackieren, dann Dosen formen
Eine besondere Herausforderung bei der Formulierung der Doseninnenschutzlacke liegt darin, dass, anders als bei der allgemein üblichen Lackierpraxis, zunächst flache Weißblechsubstrate beschichtet (ca. 10 μm Schichtdicke) und erst anschließend aus dem beschichteten Blechmaterial Dosenkörper und Deckel gestanzt und geformt werden. Der Lack muss entsprechend flexibel sein, gut haften und zusätzlich genügend Härte und Schutz bieten. Die Flexibilität der Lacke wird u. a. mit der Tiefungsprüfung nach DIN EN ISO 1520 und dem Dornbiegeversuch nach DIN EN ISO 6860 untersucht. Die Haftung auf dem Weißblechsubtrat vor und nach der Sterilisation wird mit der Gitterschnittprüfung nach DIN EN ISO 2409 und die Härte mit der Pendeldämpfung nach DIN EN ISO 1522 geprüft.
Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die Polyesterkomponente der BPA- non-intent Lacke für die Flexibilität und für eine gute Haftung der Beschichtung auf dem Weißblechsubstrat verantwortlich ist, während die Phenolharzkomponente für die Härte und für eine gute Aushärtung der Dosenbeschichtung benötigt wird.
Extrembelastung durch Sterilisation
Bei der Heißsterilisation wird die Beschichtung extrem belastet, da sie dabei über einen Zeitraum von 15–30 Minuten und Temperaturen von bis zu
130 °C aggressiven Füllgütern ausgesetzt wird. Die sogenannte Glasübergangstemperatur der Beschichtung wird dabei deutlich überschritten. Dadurch wandelt sich ein Polymer in eine gummiartige Schmelze um. Die erhöhte Beweglichkeit der Polymerkettensegmente kann die ursprüngliche Korrosionsschutzwirkung der Beschichtung deutlich verschlechtern. Im Allgemeinen werden deshalb höhere Glasübergangstemperaturen angestrebt.
Die thermischen Eigenschaften der ausgehärteten Beschichtungen werden mit dynamischmechanischer Analyse (DMA) an freien Filmen sowie mit dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) untersucht. Die Unterschiede in der Glasübergangstemperatur je nach Mischungsverhältnis von Polyester- und Phenolharzkomponenten helfen auf der Suche nach dem Mischungsverhältnis mit der maximalen Glasübergangstemperatur in Kombination mit guten mechanischen Eigenschaften.
Korrosionsschutz bei Lagerung mit aggressiven Füllgütern
Wurde eine Lackformulierung bezüglich ihrer mechanischen und thermischen Eigenschaften optimiert, muss sie hinsichtlich ihrer Korrosionsschutzwirkung untersucht werden. Innenkorrosion von Konservendosen kann neben der Beeinträchtigung der Lebensmittelqualität auch zu Leckagen oder sogar Bombagen führen.
Die Korrosionsschutzeigenschaften von BPA-non-intent-Beschichtungen auf Weißblechsubstraten werden mit elektrochemischer Impedanzspektroskopie
(EIS) als Kurzzeitprüfung untersucht. Das EIS-Messprinzip basiert auf der Messung des frequenzabhängigen Widerstands (Impedanz) der Beschichtung.
Die Ausarbeitung einer geeigneten Messroutine und die Interpretation der Messergebnisse basiert im Wesentlichen auf empirischer Erfahrung, die EIS- Daten mit auftretenden Beeinträchtigungen der Beschichtung in Zusammenhang setzt. Während für Systeme auf Basis von Epoxidharzen bereits viele EIS- Untersuchungen veröffentlicht wurden, muss die empirische Grundlage für die neuen BPA-non-intent-Systeme erst noch geschaffen werden.
Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass anhand dieser Methode manuell beschichtete Weißbleche bezüglich der Qualität der Lackauftragung, der Schichtdicke und auch der Qualität der Lackformulierung differenziert werden können. Vergleiche von EIS-Messungen vor und nach der Sterilisation erlauben Aussagen darüber, wie stark eine Beschichtung von einem Lebensmittelsimulanz bei der Sterilisation angegriffen und in ihren Korrosionsschutzeigenschaften beeinträchtigt wird. Die Ergebnisse der elektrochemischen Kurzzeitprüfungen werden im Verlauf des Forschungsprojekts zusätzlich mit Ergebnissen aus Langzeitlagerungstests von industriell lackierten und abgefüllten Konservendosen mit chromhaltig und chromfrei passivierten Weißblechsubstraten korreliert.
Fazit
Neben sehr hohen Ansprüchen bezüglich der mechanischen Eigenschaften müssen neue BPA-non-intent-Doseninnenbeschichtungen guten Korrosionsschutz bei mehrjähriger Lagerung mit aggressiven Füllgütern gewährleisten. Die Entwicklungszeiten neuerLacke können nur durch geeignete Kurzzeitprüfungen deutlich verkürzt werden. Die elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) bietet dafür großes Potenzial. Die Differenzierung von Beschichtungen erfolgt dabei anhand von ausgewählten Parametern aus der AC/DC/AC-Messroutine, die mit dem Lackauftrag sowie der Wasseraufnahme und der Barrierewirkung von Beschichtungen korrelieren.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.ipa.fraunhofer.de/innenbeschichtung_konservendosen.html