Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) schlägt in einem aktuellen Papier erneut vor, die Mehrwertsteuer für Fleischprodukte zu erhöhen. Das Fleischerhandwerk lehnt diesen Vorschlag als wenig zielführend und ungerecht ab. Der Umbau der Nutztierhaltung muss aus dem Bundeshaushalt heraus finanziert werden...
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) schlägt in einem aktuellen Papier erneut vor, die Mehrwertsteuer für Fleischprodukte zu erhöhen. Das Fleischerhandwerk lehnt diesen Vorschlag als wenig zielführend und ungerecht ab. Der Umbau der Nutztierhaltung muss aus dem Bundeshaushalt heraus finanziert werden. Besser noch wäre, wenn ein lange vorliegender Vorschlag des Deutschen Fleischer-Verbands (DFV) aufgegriffen würde: Sinnvolle Maßnahmen müssen verpflichtend im Tierschutzgesetz verankert werden, dann gilt gute Haltung für alle Tiere.
„Der jetzt erneut vorgelegte Vorschlag würde diejenigen bestrafen, die schon heute nach höheren Standards arbeiten“, betont DFV-Präsident Herbert Dohrmann. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch wäre zwar einfach umzusetzen, hätte aber fatale Folgen. „Die Mehrwertsteuer in Euro und Cent ist umso höher, je hochwertiger das Produkt ist. Der prozentuale Aufschlag würde die Preisdifferenz zwischen billig und hochwertig noch vergrößern“, prognostiziert Dohrmann. „Am Ende würden diejenigen die Hauptlast des Haltungsumbaus tragen, die schon heute gute Bedingungen mitfinanzieren.“
Das Fleischerhandwerk setzt sich dafür ein, dass der Umbau der Nutztierhaltung aus Mitteln des Bundeshaushalts finanziert wird. „Wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, die Tierhaltung weiter zu verbessern, dann ist es gerechtfertigt, dass die Gesellschaft als Ganzes dafür aufkommt“, so Dohrmann. Dabei darf nach Ansicht des DFV auch über eine Umverteilung von Geldern nachgedacht werden, die schon heute alljährlich in Milliardenhöhe in die Landwirtschaft fließen. Dohrmann: „Wenn die Agrarförderung der letzten Jahrzehnte zu einer Landwirtschaft geführt hat, die eine Mehrheit nicht will, dann muss überdacht werden, ob diese Mittel künftig nicht zumindest teilweise zu einer Umkehr genutzt werden können.“ Es könne nicht richtig sein, dass die Verbraucher mit höheren Steuern belastet werden, nur um noch mehr Milliarden in eine immer industrieller werdende Landwirtschaft zu pumpen.
Noch erfolgversprechender ist aus Sicht des Fleischerhandwerks ein anderer Weg: Die Tierschutzgesetzgebung muss auf den Prüfstand. Sollte sich zeigen, dass die jetzt geltenden Vorschriften unzureichend sind, müssen sie nachgebessert werden. „Das hätte den großen Vorteil, dass diese Verbesserungen dann für alle Nutztiere gelten und nicht nur in den Ställen der freiwillig teilnehmenden Bauern“, erläutert der Präsident des Fleischerhandwerks.
Allerdings, das räumt auch Dohrmann ein, geht das nur schwer in einem nationalen Alleingang. Zu groß ist die Gefahr, dass Tiere dann dort gehalten werden, wo die Standards niedriger und deshalb kostengünstiger sind. Billiges Fleisch würde dann auf den deutschen Markt drängen. Das könnte Tierhaltung in Deutschland im Extremfall deutlich erschweren. Vor allem aber würde es den Tieren im schlimmsten Fall schlechter gehen.
Es bräuchte deswegen eine europäische Lösung. Dohrmann: „Europa regelt unser Leben inzwischen auf unzähligen Gebieten. Es ist nicht einsichtig, warum das bei einer Frage wie dem angemessenen Tierschutz nicht ebenso möglich sein soll.“ Das Fleischerhandwerk fordert hier ein entschlossenes Vorgehen der Bundesregierung, denn Tierschutz und Tierwohl ist in ganz Europa gleichermaßen geboten.
Wenn die Tierschutzstandards europaweit so gesetzt sind, dass sie den ethischen Anforderungen genügen und gesellschaftliche Akzeptanz finden, dann braucht man weder eine Abgabe noch eine Mehrwertsteuererhöhung. Alle sind dann an die Vorschriften gebunden, was zu einer gleichmäßigen Verteilung der Lasten führt. Dass solche Umstellungen Zeit kosten, liegt auf der Hand. Bei der Einführung neuer Vorschriften wird man also Übergangsfristen brauchen, damit die Landwirte Zug um Zug umstellen können. Auch muss sichergestellt sein, dass die Bauern Genehmigungen für geforderte Umbauten erhalten.
„Wenn man wirklich etwas für mehr Tierschutz und Tierwohl tun will, wird man an neuen europaweit geltenden Tierschutzgesetzen nicht vorbeikommen“, betont Dohrmann. Damit die Bauern das alles schaffen können, muss nach Ansicht des Fleischerhandwerks auch die Lenkung der Landwirtschaftsförderung überdacht werden. „Der Fokus muss hier deutlich mehr als bisher auf Regionalität und gute Haltungsformen gelegt werden.“
Bis das alles umgesetzt sein kann, bleibt dem Verbraucher nur, von sich aus auf gute Haltung und bestmöglichen Tierschutz zu achten. Dohrmann: „Unsere Fleischereien haben den Vorteil, dass man nachfragen kann. Wir laden alle Verbraucherinnen und Verbraucher ein, kritisch zu sein und Auskunft zu verlangen, wo und wie die Produkte entstanden sind, die auf den Tisch kommen.“