Verbraucherverhalten der Zukunft: Konsumforscher Andreas Steinle präsentiert auf der INTERGASTRA interessante Ergebnisse
Ganze Werbekampagnen setzen derzeit auf die Knauserigkeit des Kunden. „Das Reizwort unserer Zeit ist Geiz“, sagte Andreas Steinle bei seinem Vortrag in der GEFAKO FIZZZ Lounge auf der INTERGASTRA 2006. „Ich glaube aber nicht, dass es Geiz ist, was die Menschen antreibt. Wir wären dumm, wenn wir nicht dort einkaufen würden, wo wir für wenig Geld gute Qualität bekommen.“
Verbraucherverhalten der Zukunft: Konsumforscher Andreas Steinle präsentiert auf der INTERGASTRA interessante Ergebnisse
Ganze Werbekampagnen setzen derzeit auf die Knauserigkeit des Kunden. „Das Reizwort unserer Zeit ist Geiz“, sagte Andreas Steinle bei seinem Vortrag in der GEFAKO FIZZZ Lounge auf der INTERGASTRA 2006. „Ich glaube aber nicht, dass es Geiz ist, was die Menschen antreibt. Wir wären dumm, wenn wir nicht dort einkaufen würden, wo wir für wenig Geld gute Qualität bekommen.“
Den Preiskampf weiter anzuheizen sei ein Schuss, der schnell nach hinten losgehen könne. „Es sind zunehmend Aktualität und Service, die bezahlt werden“, sagte Steinle, der sich seit rund zehn Jahren mit aktueller Konsumforschung befasst.. „Die Menschen wollen einfache Lösungen, die weit über das Sortiment hinausgehen. Wir müssen der individualistischen Kultur, in der wir leben, besser gerecht werden. Die Menschen sind durchaus bereit, für ihre Individualität zu bezahlen.“
Der Markt habe sich von einem „Savannenmarkt“ mit wenigen, aber dafür leicht auszumachenden Produkten, zu einem „Dschungelmarkt“ gewandelt, in dem eine verwirrende Vielfalt den Konsum erschwere. Dies bedeute Stress und verunsichere den Konsumenten, der sich in seinem Kaufverhalten immer mehr hinterfrage. „Die Leute haben keine Zeit, sich intensiv mit einem Angebot auseinander zu setzen“, sagte Steinle. „Wir leben schneller, machen alles gleichzeitig. Die Gesetze des Dschungels werden die Konsumgesetze der Zukunft sein. Überleben wird derjenige, der sich am besten anpasst.“ Angebote der Zukunft müssten daher Komplexität verringern helfen – und somit den Kauf erleichtern.
Dies könne zum Beispiel dadurch erreicht werden, dass dem Kunden maßgeschneiderte Produkte angeboten würden, aber auch durch eine Emotionalisierung, die einen simplen Gegenstand zum Objekt der Begierde mache. Bei neuen Kaffee- oder Schokolade-Edelmarken sei dieser Trend bereits zu spüren. Das Produkt werde optisch und akustisch mit einem Ort, einem Lebensstil oder einer Empfindung verbunden. „Unsere Gesellschaft strebt nach Genuss“, sagte Steinle. „Bei 14 Euro für eine Tafel Schokolade ist vom Geiz nicht mehr viel zu spüren.“ Eine weitere wichtige Entwicklung sieht der Konsumforscher im Bereich der Architektur: „Moderne Supermärkte wie die der Schweizer Kette MPREIS bieten mehr als nur den Einkauf. Sie haben alles im Sortiment, was die Menschen in ihrem Leben glücklich macht. Das sind helle Welten, die den ursprünglichen Gedanken vom Warenaustausch wieder aufgreifen – den Austausch zwischen Menschen.“ Hauptzielgruppe solcher Strategien seien die so genannten „LOHAS“ (Lifestyle of Health and Sustainability), die bereit sind, für individuelle, einfache und gesunde Produkte ordentlich Geld zu bezahlen.
Steinle sprach von einer „Evolution der Bedürfnisse“: „Der entscheidende Faktor der Zukunft ist Zeit. Daraus ergibt sich auch eine neue Definition von Luxus.“ Ausgehend von der Zeitknappheit suche der Kunde verstärkt nach Service-Angeboten, die das Leben erleichtern. Das könne ein Putzdienst sein, ein Full-Service-Handwerksbetrieb oder ein unkonventioneller Koch-Lieferservice wie Luxxx24 aus Berlin, die im Internet bestellte Komplettpakete mit Zutaten für bestimmte Gerichte ins Haus lieferten.
Als zweiten Faktor neben der Zeit machte Steinle das Bedürfnis nach Gemeinschaft aus. „Der Konsument hat ein neues Verständnis der eigenen Rolle“, sagte er. „Man muss ihn mehr einbinden, das ist er durch die Medienkultur gewohnt.“ Die so genannte Social Consumption, der kulinarische Genuss in der kleinen Gruppe, gewinne immer mehr Freunde. Auch ein neues Interesse an regionalen Produkten sei in diesem Zusammenhang zu beobachten. Ein gutes Beispiel hierfür sieht der Konsumforscher im Siegeszug der „Bionade“ – ansprechendes Flaschendesign, wenige Inhaltsstoffe, relativ hoher Preis.
Schließlich sei der Drang zur Entfaltung, zur Erweiterung des eigenen Horizonts ein wichtiger Aspekt für künftige Entwicklungen am Markt. „Was früher ein esoterisches Thema war, findet man heute in den Managermagazinen abgehandelt“, sagte Andreas Steinle. Der Gedanke, den Kunden die Ware selbst mitgestalten zu lassen, treibe die unterschiedlichsten Blüten: Neben den aus Einzelteilen selbst zusammengestellten Produkten werde die Do-it-yourself-Gastronomie immer beliebter. Zutaten und Gerätschaften seien frei verfügbar, „die Zubereitung der Speisen übernimmt der Gast selbst“.
Voraussichtlich habe man in der Zukunft mit einem dankbaren Konsumenten zu rechnen, schloss Andreas Steinle seinen Vortrag: „Das sind Leute, die bereit sind, Geld auszugeben, wenn es für sie einen Mehrwert bringt – emotional oder regional, Hauptsache, es ist authentisch.“ Leib und Seele erfreuen, das sei es, was die Menschen künftig von der Gastronomie erwarteten. Und diese Erkenntnis ist dann wiederum nicht wirklich ganz neu.
Quelle: Stuttgart [ Messe Stuttgart ]