41. Kulmbacher Woche - Kurzfassung
Die Vorverpackung von Fleisch und Fleischerzeugnissen hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Selbst Weißwurst wird heute vorverpackt und unter Kühllagerung bei 4-7 °C mit einer Haltbarkeit von bis zu 4 Wochen angeboten. Problematisch für vorverpackte, kühl gelagerte Weißwürste sind, ähnlich wie für Kochschinken- und Brühwurstaufschnitt, vor allem psychrotrophe Keime der Art Listeria monocytogenes sowie bestimmte Milchsäurebakterien, die sich im Laufe der Kühllagerung vermehren können.
41. Kulmbacher Woche - Kurzfassung
Die Vorverpackung von Fleisch und Fleischerzeugnissen hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Selbst Weißwurst wird heute vorverpackt und unter Kühllagerung bei 4-7 °C mit einer Haltbarkeit von bis zu 4 Wochen angeboten. Problematisch für vorverpackte, kühl gelagerte Weißwürste sind, ähnlich wie für Kochschinken- und Brühwurstaufschnitt, vor allem psychrotrophe Keime der Art Listeria monocytogenes sowie bestimmte Milchsäurebakterien, die sich im Laufe der Kühllagerung vermehren können.
Unter den Milchsäurebakterien, die in überlagerten Packungen dominieren, findet man regelmäßig Arten der Gattungen Lactobacillus, Leuconostoc und Carnobacterium, gelegentlich auch Weissella. Typische Vertreter sind Lactobacillus sakei, Lactobacillus curvatus, Leuconostoc carnosum, Carnobacterium piscicola, Carnobacterium divergens und Weissella viridescens. Diese Bakterien können hohe Keimzahlen erreichen, die im Falle von L. monocytogenes bei prädisponierten Verbrauchern eine Listerienerkrankung hervorrufen können. Eine starke Vermehrung von Milchsäurebakterien kann zu sensorischen Beeinträchtigungen führen. Ein Milchsäurebakterium der Art Leuconostoc gelidum wurde nun als Ursache einer ungewöhnlichen "neongelben" Verfärbung des Naturdarms bei vorverpackten, kühl gelagerten Weißwürsten identifiziert.
Würste mit gelben Farbabweichungen enthielten hohe Keimzahlen von Milchsäurebakterien (108 KBE/ml im Exsudat der Verpackung). Andere Keimgruppen lagen mindestens um den Faktor 1000 niedriger. Die Milchsäurebakterien-Flora auf MRS-pH6.5 wurde in hohem Maße (87-92 %) von Leuconostoc carnosum dominiert, wenn die Nährböden bei 30 °C inkubiert wurden. Daneben wurde in nennenswerten Anteilen nur noch Lactobacillus sakei (8-13 %) gefunden. Erfolgte die Inkubation jedoch bei 5 °C, so wurde bei gelbfleckiger Weißwurst neben Leuc. carnosum auch Leuc. gelidum in ähnlich hoher, z.T. vierfach höherer Keimzahl gefunden.
Die aus Fleischerzeugnissen isolierten Leuc. gelidum Stämme unterschieden sich hinsichtlich der Ausprägung ihrer Fähigkeit, bei gezielter Inokulation Gelbverfärbungen auf pasteurisierten Weißwürsten hervorzurufen. Der Typstamm Leuc. gelidum DSM 5578T produzierte dagegen in allen Fällen bereits nach kurzer Zeit (4 Tage) bei 5 °C eine intensive Gelbfärbung. Ein bereits vor 13 Jahren aus gemischtem Hackfleisch isolierter Stamm, Leuc. gelidum BAFF LB 1052, verhielt sich ähnlich wie der Typstamm. Die meisten Leuc. gelidum Stämme, die im Rahmen dieser Untersuchung isoliert wurden, benötigten mehr Zeit (8-12 Tage) und verfärbten die Würste nicht mit der gleichen Intensität und auch nicht an allen Impfflächen. Das Merkmal scheint daher nicht in allen Stämmen stabil vorzuliegen. Probleme bei der Reproduzierbarkeit der Gelbverfärbung deuten darauf hin, dass es sich um ein komplexes Induktionsphänomen handelt. Temperaturen im Bereich 5-12 °C sind aber unabdingbar für das Zustandekommen der Verfärbung.
Leuc. gelidum, Leuc. carnosum und Leuc. mesenteroides ssp. mesenteroides sind nicht pigmentierte, heterofermentative psychrotrophe Milchsäurebakterien, die regelmäßig von kühl gelagerten Fleischerzeugnissen isoliert werden. Sie sind mit konventionellen mikrobiologischen Methoden schwer zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere für Leuc. gelidum und Leuc. mesenteroides ssp. mesenteroides. Der genetische Fingerabdruck mittels BOX-rep-APD ermöglichte dagegen eine eindeutige Zuordnung der Isolate zur jeweiligen Species. Die Identität der gelben, nicht wasserlöslichen Verbindung ist unklar. Es könnte sich sowohl um ein bislang unbekanntes Stoffwechselendprodukt von Leuc. gelidum als auch um eine durch diesen Mikroorganismus in lipophiler Umgebung verursachte Modifikation eines Lebensmittelbestandteils handeln.
Die mikrobiell bedingten Gelbverfärbungen bei vorverpackter, kühl gelagerter Weißwurst lassen sich am ehesten vermeiden, wenn das Erzeugnis nach der Verpackung repasteurisiert wird. Für nicht repasteurisierte Produkte wären möglicherweise auch Schutzkulturen interessant. In allen anderen Fällen muss entweder eine Rekontamination mit Leuc. gelidum nach dem Erhitzungsprozess ausgeschlossen werden, das verpackte Erzeugnis möglichst unter 5 °C gelagert werden bzw. das Mindesthaltbarkeitsdatum entsprechend verkürzt werden. Da Gelbverfärbungen bei "Weißer Ware" offenbar relativ selten vorkommen, ist davon auszugehen, dass das Problem von den meisten Herstellern beherrscht wird. Für den Verbraucher ist die Gelbfärbung ein Zeichen, dass das Produkt nicht mehr frisch und in der Regel auch geschmacklich nicht mehr akzeptabel ist.
Quelle: Kulmbach [ KRÖCKEL, L. ]