41. Kulmbacher Woche - Kurzfassung
Functional Foods (funktionelle Lebensmittel) sind nach wie vor in aller Munde. Die häufige Verwendung des Terminus "Functional Food" erweckt den Eindruck, es handele sich um einen auch unter dem Gesichtspunkt des Lebensmittelrechts abgeklärten Begriff. Nichts liegt ferner als das.
41. Kulmbacher Woche - Kurzfassung
Functional Foods (funktionelle Lebensmittel) sind nach wie vor in aller Munde. Die häufige Verwendung des Terminus "Functional Food" erweckt den Eindruck, es handele sich um einen auch unter dem Gesichtspunkt des Lebensmittelrechts abgeklärten Begriff. Nichts liegt ferner als das.
Ernährungswissenschaftlich gilt ein Lebensmittel als "funktionell" (functional), wenn es einen Bestandteil - sei er ein Nährstoff oder nicht - enthält, der eine oder mehr Zielfunktionen im menschlichen Körper in positiver Weise beeinflusst. Der Begriff deckt auch Lebensmittel ab, in denen schädliche Bestandteile durch geeignete technische Maßnahmen entfernt worden sind.
Das heute nur noch allein maßgebliche gemeinschaftliche Lebensmittelrecht kennt eine besondere Definition nicht. Lebensmittel sind definiert in Art. 2 Abs. 1 Verordnung (EG) 178/2005 als Stoffe, die verarbeitet oder unverarbeitet dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie vom Menschen aufgenommen werden. Zu diesem allgemeinen Oberbegriff gibt es zwei Varianten von Lebensmitteln als Unterbegriffe, nämlich Lebensmittel für besondere diätetische Zwecke nach der Diät-Richtlinie 89/186/EWG und die Nahrungsergänzungsmittel nach der Richtlinie 2002/46/EG. Die Lebensmittel, die unter die beiden zuletzt genannten Kategorien fallen, dienen auch besonderen ernährungsphysiologischen Zwecken, insbesondere auch der Beeinflussung von physiologischen Funktionen. Gleichwohl denkt man bei diätetischen Lebensmitteln und bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht von vornherein daran, dass es sich um "funktionelle Lebensmittel" handelt, obwohl sie ohne weiteres unter den weiteren, naturwissenschaftlichen Begriff subsumiert werden könnten.
Für das Verständnis von "funktionellen Lebensmitteln" reicht es jedoch nicht aus, sich der durch ILSI Europe festgelegten Definition von funktionellen Lebensmitteln anzuschließen. Denn das Entscheidende von funktionellen Lebensmitteln ist nicht, dass sie bestimmte Bestandteile enthalten, die sich positiv auf die körperliche Verfassung des Menschen auswirken, sondern das Wesentliche und Entscheidende ist, dass diese Lebensmittel mit einer den besonderen Effekt (Gesundheitseffekt) dieser Lebensmittel kommunizierenden Werbeaussage begleitet werden.
Lebensmittelrechtlich stellt sich das Problem der funktionellen Lebensmittel damit auf ein bekanntes, schon im Rahmen des ehemaligen § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG erörterten Problems dar, nämlich die Zulässigkeit von Wirkungsaussagen bei Lebensmitteln.
"EU Health Claims"
Die Zulässigkeit gesundheitsbezogener Werbeaussagen bei Lebensmitteln ist zur Zeit noch sowohl in den Mitgliedstaaten der EU als auch auf internationaler Ebene in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt. Für vorverpackte Lebensmittel, die gesundheitsbezogene Werbeaussagen tragen, können sich dadurch bedeutende Handelshemmnisse im internationalen und im gemeinschaftlichen Rechtsverkehr ergeben. Dies war Anlass für die Codex Alimentarius Kommission, Leitlinien für die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben zu entwickeln und zu verabschieden. Die Zulässigkeit der Verwendung gesundheitsbezogener Angaben ist davon abhängig, dass die Richtigkeit dieser Angaben nachzuweisen ist, um eine Täuschung des Verbrauchers zu vermeiden. Das gleiche Problem war Anlaß für den Europarat, Leitlinien für den wissenschaftlichen Nachweis von gesundheitsbezogenen Werbeaussagen bei funktionellen Lebensmitteln zu erarbeiten.
Durch den internationalen Druck - s. Codex Alimentarius Kommission und Leitlinien des Europarates - und durch die Wünsche aus verschiedenen Mitgliedstaaten sah sich die EG Kommission veranlasst, einen Verordnungsvorschlag für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben vorzulegen.
Die Verordnung definiert die "gesundheitsbezogene Angabe" in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 als jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einer seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Als Unterfall der gesundheitsbezogenen Angabe gibt es die Angabe über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos. Das sind Angaben, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass der Verzehr eines Lebensmittels (Bestandteils) einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Krankheit beim Menschen deutlich senkt.
Gesundheitsbezogene Angaben werden nur zulässig sein, wenn im Einzelnen die Anforderungen der Verordnung erfüllt sein werden. Als Mittel zur Beschreibung dieser Anforderungen werden "Nährwertprofile" für Lebensmittel entwickelt werden. Diese werden sich daran orientieren, welche Mengen bestimmter Nährstoffe und anderer Substanzen, z. B. gesättigte Fettsäuren, Transfettsäuren, Zucker und Salz/Natrium in Lebensmitteln enthalten sind und welche Bedeutung sie für die gesunde Ernährung spielen unter Berücksichtigung der Ernährung der Bevölkerung allgemein und gegebenenfalls bestimmter Risikogruppen.
Gesundheitsbezogene Angaben müssen sich auf allgemein akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und durch diese abgesichert sein.
Andere als diejenigen gesundheitsbezogenen Angaben, deren besondere Anforderungen festgelegt sind, sind verboten. Allerdings wird dieses allgemeine Verbot dadurch eingeschränkt, dass andere gesundheitsbezogene Angaben als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos zulässig sind, wenn sie sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und vom durchschnittlichen Verbraucher richtig verstanden werden. Derartige Angaben sollen von den Mitgliedstaaten gesammelt und unter Kommunikation der wissenschaftlichen Nachweise der Kommission mitgeteilt werden. Diese überprüft diese Angaben und veröffentlicht sie dann als genehmigte gesundheitsbezogene Angaben in einer Gemeinschaftsliste. Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos bedürfen eines Zulassungsverfahrens.
Ausblick
Die Verordnung hat eine positive und eine negative Seite. Positiv ist zu bewerten, dass für diejenigen gesundheitsbezogenen Angaben, die die Voraussetzungen der Verordnung erfüllen, gemeinschaftsweite Rechtssicherheit bestehen wird. Nachteilig ist, dass die Erbringung des wissenschaftlichen Nachweises der Wirkung der gesundheitsbezogenen Angabe einen Kostenaufwand erfordert, der kaum abzuschätzen ist. Für die Zulassung von Werbeaussagen zur Reduzierung von Risikofaktoren wird der wissenschaftliche Nachweis von mittelständischen Unternehmen kaum zu erbringen sein. Erste Überlegungen, wie sie beispielsweise bei der CIAA angestellt werden, deuten darauf hin, dass altes Erfahrungswissen aufgrund der traditionellen Verwendung bestimmter Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten nicht die Zulässigkeit von gesundheitsbezogenen Angaben begründen können wird.
Quelle: Kulmbach [ GORNY, D., Frankfurt ]