Zum Thema "Neuartige Behandlungs- und Verarbeitungstechnologien bei Fleisch und Fleischwaren" trafen sich 40 Lebensmittelchemiker aus ganz Deutschland bei der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BfEL) am Standort Kulmbach. Dabei sagte der Titel des Seminars nicht die ganze Wahrheit: Es ging vor allem um Technologien in der Fleischverarbeitung, die kritisch zu sehen sind.

Zum Thema "Neuartige Behandlungs- und Verarbeitungstechnologien bei Fleisch und Fleischwaren" trafen sich 40 Lebensmittelchemiker aus ganz Deutschland bei der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BfEL) am Standort Kulmbach. Dabei sagte der Titel des Seminars nicht die ganze Wahrheit: Es ging vor allem um Technologien in der Fleischverarbeitung, die kritisch zu sehen sind.

Gesellschaft deutscher Chemiker zum Seminar in Kulmbach

Bild: BFEL-Kulmbach

Neuartige Behandlungs- und Verarbeitungstechnologien sind das Hauptarbeitsgebiet des Instituts für Technologie der BfEL, Kulmbach. Daher lag es nahe, dass sich die renommierte Gesellschaft Deutscher Chemiker mit ihrer Arbeitsgruppe "Fleischwaren" aus der aktuellen Arbeit des Instituts berichten ließ.

Sauerstoff macht Rindfleisch rot - und Fett ranzig

Praxis gehörte auch zum Seminar

Praxis gehörte auch zum Seminar II

Bereits der erste Vortrag von Tierarzt Dr. Peter Nitsch befasste sich mit einer in neuerer Zeit eingeführten Verfahren der Fleischbehandlung, die auf den ersten Blick harmlos erscheint. Das Teufelchen aber steckt im Detail. Bei Rindfleisch lässt sich die Farbe auffrischen, wenn das Fleisch einer reinen Sauerstoffatmosphäre unter 8 bar Überdruck ausgesetzt wird; der Sauerstoff bindet sich an den Muskelfarbstoff, der dadurch leuchtender rot erscheint. Auch Hackfleisch gewinnt so ungeahnte optische Qualitäten. "Letztlich wird das Fleisch damit attraktiver, leider aber nur optisch", erläuterte der Fleischtechnologe Nitsch. So behandeltes Fleisch weist nämlich trotz seines frisch-roten Aussehens einen ausgeprägten Geschmack nach ranzigem Fett auf. Der chemische Nachweis dafür steht im Übrigen schon bereit.

"küchenfertig" hat Schattenseiten

Dass selbst einfache Dinge für den Verbraucher nicht immer leicht zu erkennen sind, zeigt Prof. Dr. Klaus Troeger. Seit einiger Zeit sind "küchenfertige Fleischzubereitungen" aus Rindfleisch auf dem Markt, die bei argloser Betrachtung scheinbar den Charakter von unbehandeltem Frischfleisch haben. "Man sollte aber wissen, dass diesen Produkten eine Zutatenliste beigegeben ist, die lesenswert ist", so Prof. Troeger. Diese immer wieder unter dem Attribut "küchenfertig" verkauften Produkte werden durch Einspritzung einer Gewürzlake mit einem Anteil von 3 % und mehr hergestellt. Das macht das Fleisch zwar tatsächlich zarter und saftiger, für den Verbraucher gibt es aber auch Nachteile. So müssen die strengen Bedingungen der Rindfleischetikettierung mit ihren zuverlässigen Angaben zur Herkunft des Fleisches nicht eingehalten werden - solche Produkte gelten ja als "Zubereitungen" und nicht als frisches Fleisch. Was zunächst wie heimisches Rindfleisch aussieht, kommt dann möglicherweise von weit her. Zumindest für Allergiker ist ein weiterer intensiver Blick auf das Kleingedruckte angeraten: So kann die Gewürzlake Zutaten enthalten, die man bei unbehandeltem Frischfleisch nicht erwarten würde, Jodsalz etwa, welches von bestimmten Verbrauchergruppe nicht vertragen wird.

Seperatorenfleisch finden

In einer weiteren Serie von Vorträgen ging es um den Nachweis von Separatorenfleisch. Das ist Fleisch, das maschinell aus den Fleischresten gewonnen wird, die den Knochen nach dem Zerlegen noch anhaften, und das für die Herstellung von Wurstwaren eingesetzt wird. Das Lebensmittelrecht unterstellt, dass der Wert des Rohstoffs geringer ist, deshalb muss der Zusatz von Separatorenfleisch auf dem Etikett angegeben werden. Der Verbraucher soll schließlich wissen, warum die eine Wurst günstiger als die andere ist. Die Kulmbacher Wissenschaftler rückten dem Problem mit röntgenologischen und mikroskopischen aber auch mit biochemischen Nachweisverfahren zu Leibe. Nicht nur im Rohprodukt, selbst in der fertigen Brühwurst funktioniert der Nachweis noch. "Im Kampf gegen Verbrauchertäuschung kommen wir so ein gutes Stück weiter", folgerte Prof. Troeger.

Farbstoff in der Ionenfalle

Nur für wenige Farbstoffe - und für diese nur, wenn sie deklariert werden - ist in Deutschland der Einsatz in der Wurst zugelassen. Für die Lebensmittelchemikerin Silvia Kleinhenz war dies der Anlass, zu prüfen, ob der Nachweis von Farbstoffen denn überhaupt leicht und sicher möglich ist. Dass die amtlich vorgegebenen Methoden heute nicht mehr ausreichen, war da eine erste Schlussfolgerung. Daher verwies die Wissenschaftlerin auf eine Methode, die alles besser macht. "Die Vorbereitung ist sehr kompliziert und durchläuft mehrere Stationen, aber das dicke Ende ist die Ionenfalle" erklärte sie. In diesem aufwändigen Apparat zur Analyse der Molekülgewichte wird selbst das kleinste Molekül elektromagnetisch gefangen. Die Auswertung feinster Signale wird dadurch möglich, und diese Signale verraten die auffälligen Farbmoleküle selbst in geringster Konzentration.

Was beim Schinken so alles (un)möglich ist

Im letzten Referat widmete sich der Lebensmitteltechnologe Dr. Wolf-Dietrich Müller der Frage, wieweit Manipulationen in der Kochschinkenherstellung möglich sind. Durch Manipulationen kann es beispielsweise zu erhöhter Wassereinlagerung im Schinken kommen, die das Produktgewicht künstlich vergrößern und auch die Produktqualität entsprechend verändern. "Wir wissen doch, wie Schinken sein sollte", so Wolf-Dietrich Müller, "saftig und mit appetitlicher und zarter Rotfärbung und natürlich ohne Hohlstellen." Dies ist nur mit gewissenhafter Verarbeitung zu erreichen.

Zum Abschluss wies der Standortkoordinator der BfEL in Kulmbach, Dir. und Prof. Dr. Wolfgang Branscheid, darauf hin, dass der Erfolg des Seminars in den kritischen Themen lag, die fundiert aufgearbeitet und sachlicher Einschätzung zugänglich wurden. "Und nicht zuletzt", so schloss er die Tagung, " nur gute Kontrollmethoden machen gute Lebensmittel sicher." Und gerade damit dürften die Lebensmittelchemiker ein  Stück weitergekommen sein.

Quelle: Kulmbach [ BFEL - WB ]

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