Quelle: Meat Science 70 (2005), 435-447.
Quelle: Meat Science 70 (2005), 435-447.
Traditionell stehen muskuläre Strukturen im Zentrum fleischtechnologischer Betrachtungen resp. Interesses, doch aus technologischer Sicht sind auch bindegewebliche Strukturen von großer Wichtigkeit beim Herstellungsprozess von Fleischwaren aller Art. Gerade auch bei Frischfleisch sind Gehalt und Beschaffenheit der stütz- und bindegeweblichen Anteile im Fleisch von höchster Bedeutung für dessen Wertschätzung durch den Kunden. PURSLOW gibt in seiner Arbeit einen Überblick darüber (Intramuscular connective tissue and its role in meat quality). Dabei räumt er auch mit einigen tradierten Vorstellungen auf.
Naturgemäß wird der Gehalt an Bindegewebe vom Teilstück und dem Tieralter bestimmt. Bisher wurde dieser Gehalt an Bindegewebe allgemein als bestimmend für dessen Textur resp. Zartheit gegarten Fleisches angesehen. PURSLOW weist aber darauf hin, dass der Einfluss intramuskulären Stützgewebes (= IMS) auf die Fleischzartheit komplex und multifaktoriell ist. So variiert z. B. der perimysiale Anteil des muskulären Stützgewebes zwischen verschiedenen Muskeln, der vornehmlich Einfluss auf das mechanische Verhalten gekochten Fleisches besitzt. Dieser perimysiale Anteil bestimmt aber die Größe der Muskelfaserbündel, welche als Indikator für die Zartheit von Teilstücken allgemein angesehen wird.
Nach seinen Ausführungen zielten viele Tenderisierungsverfahren auf eine Herabsetzung der Stabilität des intramuskulären Stützgewebes insgesamt im rohen Zustand, was aber wenig Einfluss auf die Zartheit des daraus gegarten Fleisches habe. Eine Erhitzung von Fleisch führt auch nicht automatisch zu einer Steigerung der Zartheit. So wird in bei Temperaturen bis über 50 °C die Stabilität des IMS sogar erhöht und erst mit höheren Temperatur-Zeitregimen erniedrigt. Auch wird der kollagene Vernetzungsgrad, welcher mit dem Tieralter steigt, allgemein als bestimmender Faktor für die Zähigkeit von Fleisch angesehen.
PURSLOW gibt zu bedenken, dass es hierbei aber äußerst schwierig ist, dessen Gehalt zu bestimmen und mit Zartheit zu korrelieren. Demgegenüber hat sich in letzter Zeit zunehmend die Auffassung durchgesetzt, IMS nur als Überbegriff für eine Anzahl die Fleischtextur bestimmender Strukturen anzusehen, welche schwierig zu beeinflussen sind. So zeigt schon die große Bandbreite des Gehaltes an perimysialen Anteilen in der Muskulatur eines einzigen Individuums, wie variabel in der Qualität „muskuläres Bindewebe" ist, welche wiederum bestimmt wird durch die Funktion der verschiedenen Muskeln. So wird in der Physiologie aktuell teilweise die Ansicht vertreten, dass die Ausprägung der Größe und Form einzelner Muskelfaserbündel durch die Notwendigkeit der Unterteilung des betreffenden Muskels in leicht aneinander vorbeigleitende funktionellkontraktile Untereinheiten bestimmt wird. PURSLOW sieht daher auch Haltung und Ernährung von Schlachttieren als bestimmend für Aufbau und Gehalt an IMS resp. dessen Vernetzung an und somit auch als wichtiges, zukünftiges Arbeitsfeld zur Beeinflussung der Fleischzartheit.
Quelle: Kulmbach [ Nitsch ]