Studie belegt fehlende theoretische Fundierung und falsche Verfahren

Berichte über gescheiterte Fusionen und Unternehmenskäufe finden sich in schöner Regelmäßigkeit im Wirtschaftsteil der Medien. Eine Studie der Technischen Universität Ilmenau lässt die hohe Misserfolgsquote bei Unternehmenstransaktionen in einem neuen Licht erscheinen. Die von Ilmenauer Wissenschaftlern unter den 400 größten Unternehmen sowie den 50 größten Banken und den 30 größten Versicherungen Deutschlands durchgeführte Befragung lässt den Schluss zu, dass viele Unternehmen ihre Transaktionen schlecht vorbereiten, weil sie keine besondere Aufmerksamkeit auf die theoretische Fundierung der von ihnen angewandten Unternehmensbewertungsverfahren legen.

Studie belegt fehlende theoretische Fundierung und falsche Verfahren

Berichte über gescheiterte Fusionen und Unternehmenskäufe finden sich in schöner Regelmäßigkeit im Wirtschaftsteil der Medien. Eine Studie der Technischen Universität Ilmenau lässt die hohe Misserfolgsquote bei Unternehmenstransaktionen in einem neuen Licht erscheinen. Die von Ilmenauer Wissenschaftlern unter den 400 größten Unternehmen sowie den 50 größten Banken und den 30 größten Versicherungen Deutschlands durchgeführte Befragung lässt den Schluss zu, dass viele Unternehmen ihre Transaktionen schlecht vorbereiten, weil sie keine besondere Aufmerksamkeit auf die theoretische Fundierung der von ihnen angewandten Unternehmensbewertungsverfahren legen.

Das Expertenteam der Ilmenauer Universität um Privatdozent Dr. Gerrit Brösel, Koautor des weltweit ersten umfassenden Lehrbuchs zur funktionalen Unternehmensbewertungslehre, analysierte dabei vor allem die Frage, wie in der Unternehmenspraxis Grenzpreise ermittelt und wie Bewertungsverfahren in Verhandlungen zur Beeinflussung des Verhandlungspartners eingesetzt werden. Gemäß der funktionalen Lehre muss danach unterschieden werden, welche Aufgabe mit einer Bewertung verfolgt wird.

Brösel hierzu: "Die Wahl und die Ausgestaltung der anzuwendenden Verfahren richten sich streng nach dem damit verfolgten Zweck. Diese in der Betriebswirtschaftslehre schon sehr lange bestehende Erkenntnis wird jedoch in der Praxis weitgehend ignoriert. Die Gründe sind nicht nur bei den Unternehmen zu suchen. Viele Veröffentlichungen zur Unternehmensbewertung weisen dieses Problem bereits auf. Meist werden die Ideen und Verfahren aus dem angelsächsischen Raum nur unkritisch übernommen und unreflektiert beschrieben. Die Unternehmen setzen diese Verfahren dann unbekümmert ein, weil diese vermeintlich einen sog. State-of-the-Art darstellen."

Die Forscher der TU Ilmenau fordern hingegen streng zu unterscheiden, ob mit der Bewertung ein Grenzpreis ermittelt werden soll oder ob die Bewertungsergebnisse zu Verhandlungszwecken eingesetzt werden sollen.

Unterschiedliche Aufgaben erfordern schließlich den Einsatz unterschiedlicher Mittel. Die befragten Unternehmen verfolgen mit ihren Bewertungen zwar verschiedene Zwecke und benennen diese auch, Auswirkungen auf die eingesetzten Verfahren ergeben sich hieraus jedoch kaum. "Die Praxis erkennt die funktionale Unternehmensbewertung an, folgt ihr aber aus Unkenntnis nicht", so Brösel.

Die Erhebung der Ilmenauer Wissenschaftler offenbart so den Trend, dass Verfahren aus der angelsächsischen Praxis in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewinnen, obwohl der Nachweis ihrer Untauglichkeit zur Ermittlung von Grenzpreisen im theoretisch fundierten Schrifttum längst und zahlreich erbracht worden ist. So dominieren unabhängig vom Bewertungszweck die Discounted Cash Flow-Verfahren - kurz DCF- Verfahren - in der Praxis, obwohl die ihnen zugrunde gelegten Prämissen realitätsfremd und teilweise inkompatibel sind. Auch wenn alle Unternehmen diese Verfahren einsetzen, werden deren Ergebnisse nicht automatisch richtiger.

Theoretische Fundierung stellte für das Gros der antwortenden Unternehmen jedoch derzeit kein Kriterium bei der Wahl des Bewertungsverfahrens dar. Rund 86% der an der Studie teilnehmenden Unternehmen gaben an, sich bei der Wahl des Bewertungsverfahrens primär von praktischen Überlegungen leiten zu lassen. "Diese Ignoranz gegenüber Fragen der theoretischen Rechtfertigung und die mangelnde Reflexion über angewandte Verfahren sind jedoch bedenklich und lassen die Gefahr des Scheiterns von Unternehmenstransaktionen steigen", so Brösel.

Das Gelingen von Unternehmenstransaktionen hängt entscheidend von der Ermittlung realistischer Grenzpreise und dem taktischem Geschick in Verhandlungen ab. Dass bezüglich beider Aspekte in der deutschen Unternehmensbewertungspraxis noch enormer Nachholbedarf besteht, macht die Studie der Ilmenauer Universität deutlich.

Literaturhinweis:

Matschke, Manfred Jürgen; Brösel, Gerrit: Unternehmensbewertung. Funktionen - Methoden - Grundsätze, 2. Auflage, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8349-0371-X.)

Quelle: Ilmenau [ TU ]

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