Frische und Gesundheit waren die beherrschenden Themen der 43. Kulmbacher Woche

Mit gestiegener Teilnehmerzahl und rege diskutierten Vorträgen zog das Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch des Max Rubner-Instituts (MRI) am Standort Kulmbach eine rundum positive Bilanz zur 43. Kulmbacher Woche. In vier Sektionen wurden 23 Vorträge aus den Gebieten der Fleischtechnologie, der Hygiene und der Analytik gehalten. 230 Besucher waren gekommen, davon immerhin 25 aus dem Ausland. Der Präsident des MRI, Prof. Dr. Gerhard Rechkemmer, wies in der Begrüßung der Teilnehmer auf die besondere Bedeutung dieser Forschungsergebnisse für die gesunde und sichere Ernährung der deutschen Verbraucher hin.

Frische und Gesundheit waren die beherrschenden Themen der 43. Kulmbacher Woche

Mit gestiegener Teilnehmerzahl und rege diskutierten Vorträgen zog das Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch des Max Rubner-Instituts (MRI) am Standort Kulmbach eine rundum positive Bilanz zur 43. Kulmbacher Woche. In vier Sektionen wurden 23 Vorträge aus den Gebieten der Fleischtechnologie, der Hygiene und der Analytik gehalten. 230 Besucher waren gekommen, davon immerhin 25 aus dem Ausland. Der Präsident des MRI, Prof. Dr. Gerhard Rechkemmer, wies in der Begrüßung der Teilnehmer auf die besondere Bedeutung dieser Forschungsergebnisse für die gesunde und sichere Ernährung der deutschen Verbraucher hin.

Die 43. Kulmbacher Woche wurde durch einen Vortragsteil eingeleitet, der den Nöten der Verbraucher in besonderer Weise Rechnung trug. Als Folge der Skandale der letzten Monate ist die Frische heute, so war zu hören, ein weit beherrschendes Thema, so dass der Begriff Fleischqualität geradezu neu gefasst werden muss. Ein objektiver Nachweis für die Frische von Fleisch wird gesucht, und schon im Vorfeld fängt harte Arbeit an. Denn zunächst ist Frische zu definieren. „Die Rückseite der Medaille ist dafür am ergiebigsten“, erläuterte der Chemiker Dr. Rainer Scheuer vom MRI, „man muss schauen, was das Kotelett durchmacht, bis es gerade nicht mehr frisch ist“. Die chemischen Verbindungen, die während langer Lagerung entstehen, weil Eiweiße abgebaut werden, seien gute Kandidaten für eine Rolle als Indikatoren der Frische. Dies sind überwiegend Amine und sie sind dem Verbraucher als Aromakomponenten etwa der Käsereifung teilweise gut bekannt. Die Amine lassen sich mit der chemischen Laboranalyse leicht nachweisen. Allerdings braucht der Nachweis Zeit, eine gute Perspektive für den Frischenachweis ist das nicht. Schnellanalysen sind also gefragt. Ziel der Bemühungen einer ganzen Forschergruppe ist daher der elektronische „Frischescanner“, der den Zustand von Fleisch noch in der verschlossenen Folienverpackung erfassen soll. Gedacht ist an eine Messpistole, die mit Laserlicht auf das Fleischstück schießt und die reflektierten Lichtblitze ausmisst. „Das ist optische Sensorik“, erklärte der Elektroniker Dr. Ralf Thomasius von der Technischen Universität Berlin. Die Veränderung des Laserstrahls in der Reflexion von frischem Fleisch falle anders aus als bei überlagertem Fleisch, daraus ergäben sich die entscheidenden Rückschlüsse. Noch verfügen die Wissenschaftler nur über einen Prototyp des Gerätes, aber offenbar zeigt sich schon, dass das Verfahren zur Überwachung der gesamten Lebensmittelkette geeignet sein wird.

Wenn Frische nur durch die Fleischfarbe charakterisiert wäre, könnte man sie auch künstlich herstellen. Der Tierarzt Dr. Peter Nitsch untersuchte ein Verfahren, bei dem hochkonzentrierter Sauerstoff unter Druckbehandlung in das Rindersteak hineingepresst wird. Das Ergebnis ist tatsächlich eine überaus frisch-rote Farbe, die sogar haltbar ist. „Das sieht schön aus, aber macht Probleme“, stellte der Referent fest. Sauerstoff unter hohem Druck mache Fette ranzig und das Steak kaum mehr genießbar. Einen anderen Ansatz zur Qualitätsverbesserung trug Dr. Simone Müller, Landesanstalt für Landwirtschaft in Thüringen vor. Sie setzte für die Beeinflussung der Rohschinkenqualität auf die Variation der Schweinrasse. Die von ihr favorisierten rustikaleren Duroc-Kreuzungen erwiesen sich aber gegenüber den fleischreichen Pietrain-Nachkommen als unterlegen. Ihr Problem waren die mäßigen sensorischen Bewertungen, die wohl auf die Empfindlichkeit des Fettes zurückzuführen sind. Instabile Fette führen zu Ranzigkeit, die in Aroma und Geschmack negativ auffällt.

Für die Chemikerin Dr. Sabine Andreé aus Kulmbach war Vertrauen gut, aber profundes Wissen besser. Dies hatte sie zur Erarbeitung von Methoden der Tierarterkennung geführt, in ihrem Vortrag ging es vor allem um Geflügelprodukte. Die Frage war, ob etwa gelegentlich Hähnchen untergemischt wird, wo ausschließlich Barbarie-Ente auf dem Etikett steht. Wenn Zweifel bestehen, ob alles mit rechten Dingen zugeht, muss man einen Nachweis führen können. Die molekulargenetische PCR-Methode hat sich hierfür bewährt, sie ist ja auch ansonsten gut für Kriminalistisches geeignet. „Von Wachtel bis Truthahn erkennen wir alles, was beim Geflügel wichtig ist“, fasste Dr. Andreé ihre Untersuchungen zusammen. Sie gab aber gleichzeitig Entwarnung: Selbst mit ihrer empfindlichen Methodik wurde im Probenmaterial kein Hinweis auf Täuschungsmanöver gefunden.

Hygiene ist zunächst einmal vor allem ein juristisches Problem, in der EU zumindest. „Was die Hygiene anbetrifft, ist das EU-Recht nunmehr gleiches Recht für alle“, lobte der Lebensmittelrechtler Prof. Dr. Jörg Gundel, Universität Bayreuth. Er musste aber zugeben, dass das auch Nachteile mit sich bringt. Für die Kleinbetriebe des Lebensmittelhandwerks sei die Schraube doch wohl schon zu fest angezogen. Die systematischen Konzepte der Selbstkontrolle, wie das HACCP-Konzept, seien auf dieser Ebene nur schwer anwendbar. Sein Bayreuther Kollege Prof. Dr. Stefan Leible warf einen kritischen Blick auf Haftungsfragen, wenn hygienisch etwas schief geht. Im Grundsatz hat der Verbraucher sogar das Recht auf Schadenersatz schon dann, wenn ein Produkt ekelerregend, aber noch nicht gesundheitsschädlich ist. Dabei ist die Definition, was ekelerregend ist, durchaus an die geringe Toleranzschwelle moderner Verbraucher angepasst. Andererseits sitzt der Verbraucher trotzdem an einem recht kurzen Hebel, denn ihm obliegt die Beweislast, wie weit ihm wirklich ein Schaden entstanden ist. Das kann schwierig werden.

Hygiene ist vorrangig eine Frage von unerwünschten Keimen auf Lebensmitteln. Von einem Verderbniserreger, der sich nur in der Kälte wirklich wohlfühlt und deshalb in der Antarktis zu Hause ist, berichtete die Tierärztin Eva Ziegler vom MRI. Kurioserweise erscheint dieser Keim auf Rindfleisch, das im heißen Brasilien abgepackt wurde. Der Keim führt zum Verderb ganzer Gebinde von Edelteilstücken. Wie er jedoch den Sprung über die Klimazonen hinweg in subtropische Kühlhäuser geschafft hat, ist ein großes Rätsel. Eine schon viel länger diskutierte Hygienefrage ist der Einsatz von Nitritpökelsalz bei Fleischwaren. Speziell bei Ökoprodukten versucht man, auf diesen Zusatzstoff zu verzichten. Die Referenten zum Thema waren sich aber einig: Bei manchen Fleischwaren geht es zwar gut auch ohne Pökeln, bei anderen jedoch wie den Brühwürsten und den Kochpökelwaren leistet diese hygienische Sicherung gute Dienste. Es hängt also vom Produkt ab, ob Pökeln hygienisch wichtig ist oder nicht. Einigkeit bestand aber auch, dass die Verbraucher das Aroma besonders schätzen, das durch Pökeln entsteht. Schutz vor Fettoxidation und damit Erhaltung des ursprünglichen Wurstgeschmacks scheint für dies Aroma die entscheidende Ursache zu sein.

Im letzten Teil der Tagung ging es um Jod und dann auch um Rückstände. Jod ist ein unentbehrliches Spurenelement, die Schilddrüse ist für ihre Hormonproduktion auf das Element Jod angewiesen. Wo Jod fehlt, ist der Kropf die Folge. In Deutschland ist Jodmangel überwiegend kein Problem mehr. Die Ergänzung über Jodsalz ist weithin üblich und akzeptiert und die Tierfütterung hat sich an einer ausreichenden Versorgung unserer Milch- und Fleischlieferanten ausgerichtet. Namentlich über die Milchviehfütterung könnte man die Versorgung leicht soweit treiben, dass mit zwei Glas Milch bereits eine Überversorgung des Menschen zu erreichen wäre. „Und die Grenze zwischen zu viel und zu wenig ist bei Jod erstaunlich eng“, erläuterte die Agrarwissenschaftlerin Katrin Franke vom Friedrich-Loeffler-Institut in Braunschweig. Die Tierernährer wissen jedoch, was sie tun, so dass es zu einem gefährlichem Jodüberschuss in Deutschland nicht kommen wird. Über Fleisch übrigens ist eine ausreichende Jodversorgung nicht möglich, weil die Muskulatur Jod nur in mäßiger Menge aufnimmt. Wie die Milch sind da die Eier ein ganz anderes Kaliber. „Es ist der Dotter, der das Spurenelement wie ein Schwamm aufsaugt“, machte die Zoologin Anna Röttger, ebenfalls aus Braunschweig, klar.

Unter den Rückständen, die für den Menschen eine Last sind, tun sich die organischen Rückstände besonders hervor, während, zumindest in Deutschland, die Schwermetalle kein größeres Problem mehr sind. Bei den organischen Verbindungen, die dem Erfindergeist der modernen Chemie zu danken sind, gibt es Neuigkeiten: Flammschutzmittel sind jetzt im Gespräch. Sie bestehen aus polybromierten Kohlenwasserstoffen und werden zur Imprägnierung vieler Gegenstände des täglichen Lebens eingesetzt. Wenn diese Brom- Verbindungen aber plötzlich in der Nahrungskette und dort vor allem in der Fettfraktion erscheinen, dann ist Vorsicht angesagt, selbst wenn es sich um extrem niedrige Konzentrationen der Substrate handelt. „Wir wissen aufgrund unserer jetzt durchgeführten Untersuchung, wo die Verbindungen zu finden sind und in welcher Größenordnung“, führte der Chemiker Dr. Manfred Gensler aus. Jetzt wird man darangehen müssen, Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Wesentlich mehr bekannt ist über das Dioxin und seine Verwandten, die jüngst für Deutschland repräsentativ untersucht wurden. „Wir sind auf Basis unserer bisherigen Ergebnisse in der komfortablen Situation, Entwarnung geben zu können“, freute sich der Rückstandsanalytiker Dr. Karl-Heinz Schwind. Dioxine und mit ihnen die PCB’s seien speziell bei Fleisch und Fleischwaren, aber auch soweit jetzt absehbar bei den Eiern um etwa das 10fache unterhalb der zulässigen Höchstgehalte.

Der Leiter des ausrichtenden Instituts, Prof. Dr. Klaus Troeger, schloss die Tagung mit der zufriedenen Anmerkung: „Wenn Fleisch auch immer wieder Opfer größter Kontroversen ist, der Blick durch die Lupe der Forschung ist doch eher beruhigend.“


Quelle: Kulmbach [ Dir. und Prof. Dr. Wolfgang Branscheid ]

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