Tierische Nebenprodukte – Fragen und Antworten

Gegenwärtig regelt die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 den Umgang mit tierischen Nebenprodukten. Diese Verordnung, auf deren Grundlage in der Folge zahlreiche zusätzliche Rechtsakte erlassen wurden, trat im Jahre 2003 in Kraft.

Tierische Nebenprodukte – Fragen und Antworten

Gegenwärtig regelt die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 den Umgang mit tierischen Nebenprodukten. Diese Verordnung, auf deren Grundlage in der Folge zahlreiche zusätzliche Rechtsakte erlassen wurden, trat im Jahre 2003 in Kraft.

Die Verordnung wurde infolge einer ganzen Reihe lebens- und futtermittelbedingter Krisen (spongiforme Rinderenzephalopathie – BSE, Dioxin, Maul- und Klauenseuche und klassische Schweinepest) erlassen. Mit der Verordnung werden zahlreiche Schutzmaßnahmen für die Gesundheit von Mensch und Tier eingeführt. Diese Schutzmaßnahmen beinhalten:

  • eine risikoabhängige Kategorisierung von tierischen Nebenprodukten, die Entscheidungsgrundlage für deren mögliche zukünftige Verwendung ist;
  • eine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass tierische Nebenprodukte ggf. unverzüglich gesammelt und entsorgt werden;
  • den Ausschluss derjenigen Produkte aus der Futtermittelkette für landwirtschaftliche Nutztiere, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind;
  • das Verbot der Rückführung in die Futtermittelkette derselben Tierart, wodurch die Verfütterung tierischer Nebenprodukte eingeschränkt wird;
  • die Verpflichtung, tierische Nebenprodukte in zugelassenen und amtlich überwachten Betrieben zu behandeln.

Die in der ursprünglichen Verordnung niedergelegten technischen Normen unterliegen seit 2003 Anpassungen, um der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Normen, die die Einfuhr vorbehandelter tierischer Nebenprodukte für die Herstellung von Medizinprodukten, Produkten für die In-vitro-Diagnostik und Laborreagenzien, wie beispielsweise filtriertes Blut für diagnostische Zwecke, betreffen, wurden angepasst bzw. abgeändert. Weitere Normen beziehen sich auf alternative Methoden zur sicheren Behandlung von tierischen Nebenprodukten, wie beispielsweise Verfahren zur Herstellung von Biodiesel aus Tierfett. Ferner wurden Listen von in den Mitgliedstaaten zugelassenen Betrieben erstellt, die im Internet abrufbar sind; und es wurden besondere Vorschriften für die Fütterung bestimmter bedrohter Tierarten erlassen.

Warum schlägt die Kommission neue Rechtsvorschriften vor?

Die Kommission hat dem Europäischen Parlament und dem Rat 2005 einen Bericht vorgelegt. In diesem Bericht wurde die Erfahrung mit der Anwendung der Verordnung bewertet. Außerdem wurden mehrere Kerngebiete benannt, für die eine Überprüfung der bestehenden Rechtsgrundlagen notwendig erschien. Der Bericht sollte ggf. Vorschläge für Rechtsakte enthalten. Grundlage für den Bericht waren Informationen aus den Mitgliedstaaten, die Ergebnisse aus den fortlaufenden Diskussionen, an denen die Kommission – zusammen mit fast 50 europäischen Organisationen aus Interessengruppen der Industrie, Unternehmensverbänden und Verbrauchern, die Interesse an der Verordnung haben – teilnimmt, sowie die Ergebnisse einer Reihe von Inspektionen in allen Mitgliedstaaten aus den Jahren 2004 und 2005 durch das Lebensmittel- und Veterinäramt.

Welches sind die Kernelemente des Vorschlags?

Der Vorschlag verfolgt im Grunde zwei Ziele:

Klarstellung der Vorschriften für tierische Nebenprodukte und das Zusammenspiel dieser Vorschriften mit anderen Gemeinschaftsvorschriften;

  • Risikogerechtere Vorschriften.
  • Klarere Vorschriften
  • Umweltvorschriften

Die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 sieht Mechanismen für den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier vor. Überdies kann der Umgang mit tierischen Nebenprodukten aber auch einen potenziellen Einfluss auf die Umwelt haben. Aus diesem Grund muss er einer Kontrolle unterliegen. Nach den derzeit geltenden Vorschriften dürfen tierische Nebenprodukte zur Energieerzeugung in Biogas und Biokraftstoffe umgewandelt werden. Tierische Nebenprodukte, wie etwa Mist oder andere organische Düngemittel dürfen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht werden, was potenzielle Auswirkungen auf Boden und Grundwasser mit sich bringt. Umweltvorschriften sehen die Begrenzung solcher Risiken vor. Dennoch hat es sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass die Art und Weise, wie die beiden Rechtsrahmen zusammenspielen, verbessert werden muss.

Daher dient dieser Vorschlag beispielsweise dazu, klarzustellen, wie die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über Emissionen der Industrie auf die Verbrennung tierischer Fette zur Energiegewinnung anzuwenden ist, um so zur Förderung dieser Art nachhaltiger Energiegewinnung beizutragen.

Rechtsvorschriften für Lebens- und Futtermittelhygiene

Tierische Nebenprodukte stammen zu einem großen Teil aus der Verarbeitung von Lebensmitteln in Schlachthöfen und Molkereien und werden anschließend an Futtermittelhersteller zur Produktion von Futter für Nutztiere weitergegeben. Diese Einrichtungen unterliegen einer Zulassung und einer offiziellen Überwachung durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die für die Rechtsvorschriften über Lebens- und Futtermittel verantwortlich sind. Ziel des Vorschlags ist die Abschaffung der doppelten Belastung für die Marktbeteiligten durch die Anerkennung von Zulassungen, die im Rahmen der Rechtsvorschriften über Lebens- und Futtermittel erteilt wurden. Zugleich müssen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten weiterhin Kontrollen durchführen, um sicher zu stellen, dass die Marktbeteiligten die Vorschriften über tierische Nebenprodukte einhalten.

Risikogerechtere Regeln

„Endpunkt“ in der Produktionskette

Derzeit unterliegen sämtliche von Tieren stammende Materialen, die nicht in die Lebensmittelkette gelangen, den Vorschriften über tierische Nebenprodukte. Eine Ausnahme bilden nur spezielle Produkte, wie etwa Häute und Felle, die zur Herstellung von Leder gegerbt werden. Die Vorschriften legen dabei fest, dass solche Materialen nicht mehr den Gesundheitsschutzerfordernissen unterliegen, wenn sie auf eine Art und Weise weiterverarbeitet worden sind, die das potenzielle Risiko erheblich vermindert. Bedingt durch den Fortschritt in Wissenschaft und Technologie, kommen tierische Nebenprodukte verstärkt für spezielle Anwendungen, wie beispielsweise in der Medizin oder bei diagnostischen Hilfsmitteln, zum Einsatz. In einigen Fällen werden sie stark raffiniert, um das Risiko zu senken.

Mit diesem Vorschlag soll das Konzept des „Endpunkts“ in der Produktionskette eingeführt werden. Die Voraussetzung für einen Endpunkt wäre, dass tierische Nebenprodukte in einer Weise behandelt oder getestet werden, die gewährleistet, dass die Restrisiken minimal sind. Dies kann durch eine strenge Behandlung mit Hitze oder chemischen Substanzen geschehen oder durch Tests auf Bakterien oder Viren. Sind die Voraussetzungen erfüllt, unterliegt das tierische Nebenprodukt nicht mehr den besonderen Hygienevorschriften. Gemäß den Vorschriften über die Produktsicherheit ist der Hersteller allerdings verpflichtet, ausschließlich sichere Produkte in Verkehr zu bringen.

Anpassungen der risikoabhängigen Kategorisierung von tierischen Nebenprodukten

Ausschlaggebend für die Klassifizierung des Produktes nach drei Kategorien ist der Grad des Risikos, das das tierische Nebenprodukt für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellt. Je nach Kategorie wird entschieden, ob das Produkt sicher entsorgt werden muss, oder ob es, in verarbeiteter oder unverarbeiteter Form, als Futtermittel oder für technische Zwecke verwandt werden darf.

Nach den derzeit geltenden Vorschriften basiert die Kategorisierung auf der Risikobewertung, die zum Zeitpunkt der Annahme im Jahre 2003 durchgeführt wurde. In der Zwischenzeit stellte sich heraus, dass eine geringe Anzahl tierischer Nebenprodukte aufgrund ihres geringen Risikos neu klassifiziert werden können. Ferner wird mit dem Vorschlag die Grundlage für eine Umkategorisierung von tierischen Nebenprodukten geschaffen, und zwar auf Basis einer Risikoeinschätzung, die von wissenschaftlichen Einrichtungen, wie etwa der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EBLS) oder dem Wissenschaftlichen Ausschuss „Konsumgüter“ (SCCP) durchgeführt wird.

Wird es mit dem Vorschlag möglich, infizierte tierische Materialien als Futtermittel für Nutztiere zu verwenden?

Nein. Mit dem Vorschlag wird der Grundsatz beibehalten, dass ausschließlich Materialien von gesunden Tieren, die vor der Schlachtung einer tierärztlichen Untersuchung unterzogen wurden, für die Herstellung von Futtermitteln für Nutztiere verwandt werden dürften.

Räumt der Vorschlag die Möglichkeit ein, Speiseabfälle an Schweine zu verfüttern?

Nein. Im Vorschlag wird das aktuelle Verbot der Verfütterung von (behandelten oder unbehandelten) Speiseabfällen an Schweine übernommen. Das potenzielle Risiko, insbesondere für die Tiergesundheit, fällt stärker ins Gewicht als die Vorteile einer solchen Verfahrensweise. Ferner bieten die Vorschriften über tierische Nebenprodukte andere nachhaltige Nutzungsmöglichkeiten von Speiseabfällen, wie zum Beispiel in Anlagen zur Herstellung von Biogas oder Biotreibstoff.

Wurden Industriezweige, die tierische Nebenprodukte verwenden, Verbraucher und andere Betroffene bei der Ausarbeitung des Vorschlags hinzugezogen?

Die Kommission hat knapp 50 Industrie- und Verbraucherverbände, die ein Interesse an tierischen Nebenprodukten haben, konsultiert. 2007 wurde eine öffentliche Online-Konsultation durchgeführt. Die dabei gewonnenen Ergebnisse wurden für die Erstellung einer Folgenabschätzung verwandt, die die verfügbaren Regulierungsoptionen bewertet. Mit Fachleuten aus den Behörden der Mitgliedstaaten und Drittländern, die die wichtigsten Handelspartner der EU sind, fanden eingehende Beratungen statt.

Wann würde die vorgeschlagene neue Verordnung in Kraft treten?

Der Vorschlag der Kommission wird direkt an den Rat und das Parlament übermittelt, um ihn im Mitentscheidungsverfahren zu beraten. Nach ihrem Erlass wird die Verordnung 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt beginnt eine fünfzehnmonatige Übergangszeit für die Umsetzung der neuen Vorschriften. In diesen fünfzehn Monaten werden die Durchführungsbestimmungen für tierische Nebenprodukte festgelegt. Dazu gehören unter anderem Verarbeitungsvorschriften, Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit (Etikettierung und Dokumentation) sowie ausführliche Bestimmungen zur Gestaltung von Betrieben, die tierische Nebenprodukte be- und verarbeiten.

Anmerkung der Redaktion

Die EU-Kommission hat diese Zusammenfassung am 10. Juni 2008 veröffentlicht. Hiermit wird ein Überblick zu dem an diesem Tage bestehenden Recht und ein Ausblick auf geplantes Recht gegeben.

Quelle: Brüssel [ EU ]

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