Ausführungen von Berthold Gassmann, Vorsitzender der VDMA Fachabteilung Fleischverarbeitungsmaschinen im Vorfeld der IFFA 2004


Sehr geehrte Damen und Herren,

Ausführungen von Berthold Gassmann, Vorsitzender der VDMA Fachabteilung Fleischverarbeitungsmaschinen im Vorfeld der IFFA 2004


Sehr geehrte Damen und Herren,

die IFFA ist weltweit die wichtigste Fachmesse für die internationale Fleischwirtschaft. Sie ist das Schaufenster der Innovationen, der technologischen Entwicklungen unserer Branche.

Dieses Ereignis möchte ich zum Anlass nehmen, Ihnen heute einen sehr erfolgreichen Teilbereich des Maschinenbaus und wichtigste Ausstellergruppe der IFFA - die Fleischverarbeitungsmaschinenindustrie - vorzustellen. Mit einem Produktionsvolumen von 620 Mio. Euro (2003) und einem Anteil am Weltexport von 33 % ist Deutschland unangefochten das international wichtigste Lieferland von Fleischverarbeitungsmaschinen. Dies ist umso beachtenswerter, da es sich bei den rund 80 produzierenden Unternehmen größtenteils um kleine mittelständische Betriebe handelt, die trotz ihrer Größe ihre Märkte weltweit bedienen können. Rund 6.500 Menschen sind im Fleischverarbeitungsmaschinenbau tätig, davon befinden sich 8 % oder anders ausgedrückt, 520 junge Menschen in Ausbildung. Die aktuelle Diskussion um die Ausbildungsabgabe ist Grund genug, diese Zahl hier einmal zu nennen. Soviel an dieser Stelle zu den wichtigsten Daten aus dem Fleischverarbeitungsmaschinenbau, auf den ich später noch detaillierter eingehe.

Maschinenbau - Zuversicht für 2004

Zunächst jedoch einen kurzen Ausblick auf den Maschinenbau allgemein.

Der deutsche Maschinenbau war in den letzten drei Jahren nicht auf Rosen gebettet. Nach dem guten Jahr 2000 war die Maschinenproduktion in den drei Folgejahren abwärts gerichtet. Seit Mitte 2003 hat sich das Klima der Weltwirtschaft deutlich verbessert. Die Auslandsbestellungen von Maschinen und Anlagen, die in der ersten Jahreshälfte durch den Irak-Krieg und SARS gedämpft waren, weisen wieder deutlich nach oben. In den ersten drei Monaten des Jahres 2004 verzeichnete der deutsche Maschinenbau einen Auftragseingang von + 17 %. Für 2004 wird nach den negativen Abschlüssen der beiden Vorjahre wieder ein Produktionswachstum von 2 % prognostiziert, wobei insbesondere die inländischen Bestellungen wieder deutlich zulegen dürften. Nach drei Jahren Flaute im Inlandsgeschäft - die Bestellungen in 2003 verfehlten das 2000er Ergebnis um 16 % -, dürften im laufenden Jahr ein gewisser Nachholbedarf an Ausrüstungsinvestitionen zu Buche schlagen.

Der Fachzweig Nahrungsmittelmaschinen u. Verpackungsmaschinen - weiterhin stabil

Wie so oft, stellt der Maschinenbau mit seinen 31 Fachzweigen auch unter dem Stichwort "Konjunktur" seine Vielfältigkeit unter Beweis. Der Fachzweig Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen, zu dem die Fleischverarbeitungsmaschinenindustrie ja gehört, konnte sich in den vergangenen drei Jahren von der Abwärtsbewegung im Gesamtmaschinenbau abkoppeln und - gegen den Trend - Zuwachsraten bei der Maschinenproduktion verzeichnen. So erreichte der Nahrungsmittelmaschinen- und Verpackungsmaschinenbau in 2002 sogar seinen bisher höchsten Produktionswert von 7,9 Mrd. Euro und lag damit um 8,1 % über dem Vorjahresniveau. Nach den vorliegenden Zahlen der ersten drei Quartale 2003 wird der Umsatz im Gesamtjahr abermals um rund 3 % über dem Vorjahreswert liegen. Für 2004 wird ein sehr moderates Wachstum von insgesamt 1 % erwartet.

Während der Verpackungsmaschinenbau, der rund die Hälfte des Produktionsvolumens erwirtschaftet, seit Jahren auf deutlichem Wachstumskurs liegt, verlief die Entwicklung in den einzelnen Teilbranchen der Nahrungsmittelmaschinenindustrie sehr unterschiedlich. So mussten z.B. die Bäckereimaschinenhersteller in den letzten beiden Jahren einen Produktionsrückgang im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen. Andere Bereiche blieben auf einem stabilen Niveau. Die Fleischverarbeitungsmaschinenindustrie hingegen verzeichnete in 2002 einen zweistelligen, in 2003 immerhin noch einen einstelligen Produktionszuwachs.

Auf Wachstumskurs - die Fleischverarbeitungsmaschinenindustrie

Die Fleischverarbeitungsmaschinenhersteller bilden die stärkste Teilbranche der Nahrungs-mittelmaschinenindustrie. Im Rückblick auf die letzten 10 Jahre lag die Produktion zwischen 1994 und 2000 auf einem recht stabilen Niveau von rund 530 Mio. Euro. In 2001, im Jahr der Krise ausgelöst durch BSE und MKS, fiel die Produktion erstmals unter die 500 Mio. Euro Grenze: Die inländische Nachfrage ging um 30 % zurück, das Wachstum im Auslandsgeschäft blieb hinter den Erwartungen zurück konnte aber immerhin noch ein Plus von knapp 8 % verzeichnen.

Dann das Jahr 2002: die bereits erwähnte Rekordproduktion im Fachzweig Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen wurde u.a. durch das Wachstum bei Fleischverarbeitungsmaschinen getragen: Die Produktion stieg auf ein Volumen von 600 Mio. Euro und lag damit um 21 % über dem mäßigen Vorjahreswert. Diese außerordentlich hohe Wachstumsrate war nur zum Teil dem inländischen Nachholbedarf aus 2001 zu verdanken. Stärkere Auswirkung hatte die weitere Zunahme des Exportgeschäfts. Bevor ich darauf näher eingehe, lassen sie mich bitte einen Blick auf die inländische Absatzsituation werfen:

Die inländische Absatzsituation

Die inländische Nachfrage nach Maschinen und Anlagen für die Fleischverarbeitung ließ in den in den vergangenen drei Jahren sehr zu wünschen übrig. Die allgemeine konjunkturelle Lage drückte die Investitionstätigkeit erheblich. Der Zickzack-Kurs der Bundesregierung in Bezug auf die Steuer- und Abgabenpolitik sowie die zähen Reformbemühungen auf dem Arbeitsmarkt, trugen ebenfalls nicht gerade dazu bei, dass mittelständische Betriebe entlastet wurden und die inländische Nachfrage Impulse erhielt. Im Gegenteil: Die anhaltenden Diskussionen um den Standort Deutschland und die damit einhergehende Verunsicherung führte dazu, dass Investitionsprojekte erst einmal auf Eis gelegt wurden. Dies gilt im Übrigen wie zu Beginn schon gesagt für alle Bereiche des Maschinenbaus.

Die Nachfrage unserer deutschen Kunden aus Handwerk und Industrie nach Fleischverarbeitungsmaschinen ging jedoch nicht nur aufgrund der genannten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurück. Es sind auch die strukturellen Veränderungen, d.h. die Verschiebung vom ursprünglich handwerklich dominierten Markt hin zu größeren betrieblichen Einheiten und zur industriellen Produktion, die dafür sorgen, dass der Inlandsabsatz sukzessiv abnimmt.

Der Strukturwandel ist noch in vollem Gange, so dass es nicht vorhersehbar ist, auf welchem Niveau sich der inländischen Absatz von Maschinen und Anlagen in den nächsten Jahren einpendeln wird. Ich bin überzeugt, dass die Nachfrage mittelfristig wieder steigen wird, denn der Strukturwandel birgt auch Chancen für die Betriebe, die sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und handwerkliche Qualität mit umfassenden Services und Dienstleistungen verbinden. Diese Betriebe werden mittelfristig auch wieder verstärkt investieren.
Gleiches gilt für die Fleischindustrie. Eine im April 2004 veröffentlichte Untersuchung zum Thema Investitionsbereitschaft der Nahrungsmittelindustrie berichtet, dass 63 % der Fleisch verarbeitenden Betriebe innerhalb der nächsten 24 Monate Investitionen planen. (Quelle: AFC - Agribusiness and Food Industry Consultants International)

Seit dem 4. Quartal 2003 ziehen die inländischen Bestellungen wieder leicht an. Es bleibt abzuwarten ob sich dieser Trend in den nächsten Monaten fortsetzt. Ich bin jedenfalls optimistisch, dass die Talsohle im Inlandsgeschäft durchschritten ist und die Investitionsfreude durch die IFFA 2004 wichtige Impulse erhält. Denn nur wer investiert, kann seine Produktionsprozesse optimieren und die Zukunft des eigenen Unternehmens sichern.

Das Exportgeschäft

Für die Zukunftssicherung der Fleischverarbeitungsmaschinenhersteller spielen die Exportmärkte inzwischen eine herausragende Bedeutung: In 1996 lag die durchschnittliche Exportquote noch bei 50 %, in 2003 wurden über 70 % des Produktionsvolumens, d.h. Maschinen und Anlagen im Wert von 440 Mio. Euro exportiert. Tendenz weiter steigend.

Über zwei Drittel der Lieferungen werden von den Ländern der EU sowie West- und Osteuropas abgenommen. Während die Exporte in die westlichen Industrieländer - von kurzfristigen Schwankungen abgesehen - in den letzten 5 Jahren recht stabil blieben bzw. ein leichtes Wachstum verzeichneten, sind die Maschinenlieferungen nach Osteuropa um gut 30 % gestiegen. Ein Anstieg der Maschinenlieferungen ist auch in einige der neuen EU-Mitgliedsländer zu verzeichnen, wenn auch mit recht unterschiedlicher Dynamik: Polen z. B. gehört seit Beginn der Transformation zu den wichtigsten Absatzmärkten deutscher Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen. Andere Länder, wie Tschechien, Ungarn und Litauen gewinnen zunehmend an Bedeutung, denn der Modernisierungsbedarf ist hoch. Die wichtigsten Abnehmerländer sind seit Jahren die USA, Russland und Frankreich. Doch auch China und Japan gehören inzwischen zu den zehn wichtigsten Absatzmärkten.

Wachstumsmarkt Fleischwirtschaft - Zukunftsperspektiven

Die Fleischwirtschaft ist - global betrachtet - ein stark wachsender Wirtschaftszweig. Es gibt eine Vielzahl von Ländern, deren Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch verglichen mit Deutschland oder anderen westlichen Industrieländern sehr niedrig ist. Zunehmende wirtschaftliche Entwicklung, damit verbunden steigende Haushaltseinkommen sorgen dafür, dass Fleisch in der Ernährung einen größeren Stellenwert einnehmen wird. Prognosen über die Konsumentwicklung in den nächsten fünf Jahren gehen von teilweise zweistelligen Wachstumsraten beim Fleischverzehr aus. Dies gilt insbesondere für asiatische Länder und die Länder Osteuropas. So wird z. B. der Pro-Kopf-Konsum in China bis 2008 um 23 % steigen, in Polen wird ein Anstieg von 26,8 % erwartet, in Ungarn eine Zunahme des Fleischverzehrs von 18,2 %.

Mit wachsendem Konsum steigt auch der Grad der Technisierung und damit der Bedarf nach Maschinen und Anlagen, die eine wirtschaftliche und sichere Verarbeitung von Fleisch und Fleischprodukten ermöglichen. Ein Blick auf den Weltexport von Fleischverarbeitungsmaschinen in den letzten Jahren bestätigt diese Annahme: Zwischen 1998 und 2002 stieg das Welthandelsvolumen von Fleischverarbeitungsmaschinen um rund 20 % von 857,6 Mio. Euro auf 1,02 Mrd. Euro. Davon liefern die deutschen Hersteller 33 % und bleiben weiterhin unangefochtener Export-Weltmeister.

Doch nicht nur der weltweit steigende Fleisch-Konsum stimuliert die Nachfrage nach Fleischverarbeitungsmaschinen. Der Automatisierungsgrad ist in vielen Ländern mit rund 20 % im Vergleich zu anderen Nahrungsmittelbranchen nach wie vor sehr gering, da die Anforderungen der Produkte an den Handlingsvorgang viel höher sind. Die starken Schwankungen in Form und Format der Produkte verlangten bislang nach spezifischen Lösungen mit starker manueller Komponente. Die Maschinenhersteller sind bestrebt, den Automatisierungsgrads weiter zu erhöhen. Dabei steht nicht nur die kostengünstigere Produktion durch Erhöhung des Automatisierungsgrad und damit verbundene Rationalisierungspotenziale im Mittelpunkt. Für viele Arbeitsbereiche ist es schlichtweg schwierig qualifizierte Fachleute zu bekommen, die die körperlich anstrengenden Tätigkeiten z. B. im Schlacht- und Zerlegebetrieb noch ausführen wollen. Hier steht der Maschinenbau auch weiterhin vor großen Herausforderungen.

Sehr verehrte Damen und Herren,

auf der IFFA 2004 werden wieder zahlreiche technische Neuigkeiten und Innovationen zu sehen sein. Alle Maschinenhersteller haben in den letzten Monaten fieberhaft gearbeitet, um ihre Messeneuheiten fertig zu stellen. In diese hochwertigen Maschinenbauerzeugnisse sind erhebliche Mittel geflossen, durchschnittlich 2,8 % des Umsatzes werden im Maschinenbau für Forschung und Entwicklung aufgewendet. Entsprechend hoch ist die Hoffnung der Aussteller, dass sich die Mühen gelohnt und die Innovationen vom Markt angenommen werden. Innovation - zur Zeit vielzitierter Begriff in der Politik - ist für unsere Branche kein Schlag-wort. Für den Maschinenbau ist Innovation Triebkraft des ökonomischen Erfolgs.

Als internationale Leitmesse wird die IFFA 2004 wieder Fachleuten der Fleischwirtschaft aus der ganzen Welt anziehen. Denn sie bietet eine einzigartige Plattform: Nirgendwo sonst gibt es ein vergleichbares Informationsangebot über neue Technologien und Verfahren. Nirgendwo sonst trifft man auf Branchenkollegen aus der ganzen Welt.
Überzeugen Sie sich selbst!

Quelle: Frankfurt [ Berthold Gassmann ]

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