"Ein Skandal" , empört sich Landrat Alfred Jakoubek. "Das Land spart den Verbraucherschutz in unverantwortlicher Weise zu Tode." In einem Brandbrief hat er das Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit dem Schreckensszenario konfrontiert und dringend einen Nachschlag gefordert. Jakoubek lehnt jede Verantwortung für das drohende Fiasko ab. Als staatliche Hauptabteilung ist das Veterinäramt zwar ihm zugeordnet, für die finanzielle Ausstattung hat jedoch das Land zu sorgen. Ohne Vorankündigung hat Wiesbaden das Budget für 2004, das vor wenigen Tagen zugewiesen wurde, gegenüber dem Vorjahr um 25.000 Euro auf rund 100.000 Euro gekürzt.
Durch Haushaltskürzungen ist das Veterinäramt weitgehend lahm gelegt. Um wenigstens Miete und Strom für die Dienststelle im Haardtring in Darmstadt bezahlen zu können, sieht sich das Amt gezwungen, in den nächsten Monaten den Außendienst einzustellen. Das bedeutet: Lebensmittel- und Betriebskontrollen, Schlachttier- und Fleischuntersuchungen finden dann nicht mehr statt."Ein Skandal" , empört sich Landrat Alfred Jakoubek. "Das Land spart den Verbraucherschutz in unverantwortlicher Weise zu Tode." In einem Brandbrief hat er das Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit dem Schreckensszenario konfrontiert und dringend einen Nachschlag gefordert. Jakoubek lehnt jede Verantwortung für das drohende Fiasko ab. Als staatliche Hauptabteilung ist das Veterinäramt zwar ihm zugeordnet, für die finanzielle Ausstattung hat jedoch das Land zu sorgen. Ohne Vorankündigung hat Wiesbaden das Budget für 2004, das vor wenigen Tagen zugewiesen wurde, gegenüber dem Vorjahr um 25.000 Euro auf rund 100.000 Euro gekürzt.
Nach Abzug aller Fixkosten bleiben für den Rest des Jahres noch 4.000 Euro. Damit fehlen laut Jakoubek selbst für gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben die Mittel. Angesichts der prekären Situation hat das Veterinäramt, für das zwei Amtstierärzte, fünf Lebensmittelkontrolleure, eine Gesundheitsaufseherin und fünf Verwaltungskräfte sowie elf nebenberufliche Mitarbeiter in der Fleischuntersuchung tätig sind, ein drastisches Sparprogramm entwickelt.
Kein Geld für Sprit und Telefon
Ab sofort werden Telefongespräche auf das Nötigste reduziert, Handys nicht mehr benutzt, alle Schulungen gestrichen. Voraussichtlich ab Mitte August kommt der Außendienst zum Erliegen, weil dann das Geld für Benzin für die beiden Dienstwagen und Fahrtkosten der Prüfer, die Privat-Pkw dienstlich nutzen, aufgebraucht ist. Einsätze sind dann nur noch in Notfällen möglich.
Die Überwachung unter anderem von Lebensmittelherstellern und Geschäften, von Bauernhöfen, gewerblichen Tierhaltungen und Zoogeschäften fällt flach. Hygienekontrollen in den vier Fleischzerlegefirmen mit EU-Zulassung, eigentlich Grundvoraussetzung für deren Betrieb, können nicht mehr wahrgenommen werden.
Die ebenfalls zwingend vorgeschriebenen Tier- und Fleischuntersuchungen bei Hausschlachtungen (im Vorjahr immerhin 1753 Fälle) und in gewerblichen Schlachtbetrieben müssen unterbleiben. Wollen sie nicht illegal arbeiten, müssen die Firmen in der Folge mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen - oder sich bereit erklären, die Prüfer hin und her zu chauffieren.
Bankrotterklärung des Landes Hessen
Über diese Aussichten gerät auch Norbert Rijhnen vom Personalrat in Harnisch: " Das ist eine Bankrotterklärung des Landes Hessen." Geradezu grotesk mutet Jakoubek vor diesem Hintergrund die Aufforderung des Verbraucherschutz-Ministeriums an, die Einnahmen "deutlich zu steigern". Fünfundzwanzig Prozent mehr Geldbußen soll das Veterinäramt herein bringen. Das setze verstärkte Kontrollen voraus, was jedoch - mangels Benzingeld - nicht möglich sei. Zudem könnten Strafen nicht beliebig hoch gesetzt werden: "Das wäre Willkür".
Die Vorstellungen in Wiesbaden bezeichnet Jakoubek teilweise als absurd und wirklichkeitsfremd. Als "Einnahmesoll" habe das Ministerium beispielsweise 310.000 Euro an Fleischuntersuchungsgebühren vorgegeben. Nach der Schließung eines Großschlachtbetriebs im Kreis sei in diesem Jahr tatsächlich allenfalls mit 130.000 Euro zu rechnen. "Wir können Metzger und Landwirte doch nicht zwingen, der Staatskasse zuliebe mehr Tiere zu schlachten." Selbst wenn es gelänge, die Einnahmen zu steigern, würde das dem Veterinäramt nicht aus dem gegenwärtigen Dilemma helfen: Alle Gebühren und Bußgelder fließen direkt dem Land zu.
Dass Hessen das Thema Verbraucherschutz im März 2001 noch anders gesehen hat zeigt eine Pressemeldung aus unserem Archiv.
„Konsequenzen aus der BSE-Krise – Wege zu gesunden Lebensmitteln“ - Forum soll umfassendes Gesamtkonzept erarbeiten
Mosiek-Urbahn und Dietzel für lückenlose Transparenz bei Herkunft, Zusammensetzung und Verarbeitung von Lebensmitteln
Wiesbaden [07-03-2001] - „Wir wollen das Vertrauen der Verbraucher in die landwirtschaftliche Produktion und deren Erzeugnisse zurückgewinnen“, betonten Marlies Mosiek-Urbahn und Wilhelm Dietzel die Notwendigkeit eine engeren Kooperation aller Beteiligten bei der Herstellung von sicheren Lebensmitteln anlässlich der gemeinsamen Veranstaltung des Hessischen Sozial- und des Landwirtschaftsministeriums zur BSE-Thematik in Wiesbaden.
„Als Konsequenz aus der BSE-Krise müssen wir Wege hin zu einer dauerhaften Produktionsweise sicherer und qualitativ hochwertiger Lebensmittel aufzeigen und dann auch diese Wege gehen“, erklärte in diesem Zusammenhang Ministerin Mosiek-Urbahn.
Die vom Hessischen Sozialministerium eingerichtete Hotline nach Bekanntwerden des ersten BSE-Falles in Deutschland habe deutlich die Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch das wachsende Bedürfnis nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln gezeigt. Auf dem von Sozial- und Landwirtschaftsministerium initiierten Forum „Konsequenzen aus der BSE-Krise - Wege zu gesunden Lebensmittel“ sollen Vertreter/-innen aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion, Tierschutz und Verbraucherschutz zusammen mit den politisch Verantwortlichen ihre Vorstellungen präsentieren mit dem Ziel ein umfassendes, integriertes Gesamtkonzept zu erarbeiten. Ministerin Mosiek-Urbahn: „Über die tagespolitische Notwendigkeit des Handelns hinaus kommt es mir darauf an, in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess alle Risikofaktoren bei der Lebensmittelherstellung auszuschließen“. Darüber hinaus wies Minsterin Mosiek-Urbahn auf den hohen Stellenwert der kritischen Aufmerksamkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher hin. Vorraussetzung ist jedoch auf jeden Fall eine lückenlose Transparenz bei Herkunft, Zusammensetzung und Verarbeitung der Lebensmittel. Die Anstrengungen für Verbraucherschutz und sichere Nahrungsmittel können gar nicht groß genug sein“.
Die Hessische Landesregierung habe deshalb bereits in der vergangenen Woche einen umfangreichen Maßnahmenkatalog in Höhe von 15 Mio. DM beschlossen.
Dieses Sofortprogramm sei kein Widerspruch zu dem angestrebten langfristigen Gesamtkonzept. Denn Kern dieses Maßnahmekataloges sei die umgehende Bereitstellung von zusätzlichem Personal für die Überwachung der Lebensmittel, der Futtermittel und der Tierarzneimittel in Hessen sowie unbürokratische Soforthilfen für die Landwirtschaft, erklärten die Minister.
Der Hessische Landwirtschaftsminister Wilhelm Dietzel sprach sich neben einer „gesunden und wirtschaftlich tragfähigen landwirtschaftlichen Tierproduktion“ dafür aus, „erzeugernahe Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen zu erhalten bzw. weiter auszubauen.“
Qualitätssicherungssysteme könnten helfen, das Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen. „Mit dem Qualitätssiegel 'Hessen.Aus guten Grund’ ist Hessen dabei dem Bund bereits voraus“, betonte Dietzel. „Mit diesem regionalen Vermarktungskonzept bieten wir seit 1997 in Hessen den Verbraucherinnen und Verbrauchern die nachvollziehbare Herkunft der Produkte von der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zur Ladentheke.“ Dieses Regionalmarkensystem solle gerade im Rindfleischsektor weiterentwickelt werden. Im Rahmen des BSE-Sofortprogramms sei an eine Anschubfinanzierung von 700 000 DM gedacht, um hessenweit ein arbeitsteiliges Verbundsystem von der Produktionsstufe bis zum Gütesiegelmetzger aufzubauen.
Zur Verbraucherinformation und -aufklärung bedürfe es zudem verstärkter Anstrengungen der vor Ort tätigen Institutionen, wie z. B. dem Landfrauenverband Hessen mit den 'Botschafterinnen für hessische Agrarprodukte’. Um diese Aktivitäten intensivieren zu können, werde dem Landfrauenverband Hessen eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 25.000 DM aus dem Sofortprogramm zur Verfügung gestellt, so Dietzel.
Hessen stelle zudem in diesem Jahr 300.000 DM - und damit rund 30 % der erwarteten Gesamtkosten für den Aufbau einer Gen-Datenbank bereit. Damit könne in jeder Lebens- oder Produktionsphase die Herkunft von Tier oder Fleisch sicher nachvollzogen werden. „Wir fordern den Bund auf, sich an den Kosten einer nationalen Gen-Datenbank mit 2/3 der Gesamtkosten zu beteiligen und sich bei der Europäischen Union für eine europaweite Gen-Datenbank für alle Rinder einzusetzen“, hob Dietzel hervor.
Um verlorengegangenes Vertrauen in landwirtschaftliche Produkte zurückzugewinnen, werde zudem ein ernährungswissenschaftlicher Beirat beim Sozialministerium eingerichtet: Vertreter der Landwirtschaft, der Verbraucher, der Wissenschaft, der Parteien, der Ernährungswirtschaft und des Lebensmittelhandels sollen den Dialog aller mit Ernährungsfragen befassten Interessengruppen intensivieren, aktuelle Fragen der Lebensmittelherstellung und -sicherheit erörtern und die Landesregierung zu beraten.
Quelle: Darmstadt-Dieburg [ Landkreis Darmstadt-Dieburg ]