Präsident Rycken sieht Talsohle durchschritten
Im Vorfeld der Internationalen Handwerksmesse in Müchen zog der Deutsche Fleischer-Verband eine erste Bilanz des Jahres 2004. Zusätzlich griff Präsident Rycken aktuelle Themen von der Belastung der Betriebe duch Steuern und Abgaben bis zu den Zerlegekolonnen aus dem Osten auf. Durchaus interessant hierbei die Ausführungen zum Thema Steuersenkungen die durch Subventionsabbau finanziert sind; leider nur eine gute Sachanalyse ohne folgerichtige Forderungen für die Zukunft. Wir dokumentieren für Sie das Skript zu Präsident Ryckens Ausführungen:Welche Themen beschäftigen das Fleischerhandwerk heute und in absehbarer Zukunft? Wie will das Fleischerhandwerk die Herausforderungen der Zukunft bewältigen?
Präsident Rycken sieht Talsohle durchschritten
Im Vorfeld der Internationalen Handwerksmesse in Müchen zog der Deutsche Fleischer-Verband eine erste Bilanz des Jahres 2004. Zusätzlich griff Präsident Rycken aktuelle Themen von der Belastung der Betriebe duch Steuern und Abgaben bis zu den Zerlegekolonnen aus dem Osten auf. Durchaus interessant hierbei die Ausführungen zum Thema Steuersenkungen die durch Subventionsabbau finanziert sind; leider nur eine gute Sachanalyse ohne folgerichtige Forderungen für die Zukunft. Wir dokumentieren für Sie das Skript zu Präsident Ryckens Ausführungen:Welche Themen beschäftigen das Fleischerhandwerk heute und in absehbarer Zukunft? Wie will das Fleischerhandwerk die Herausforderungen der Zukunft bewältigen?
Denn eins ist sicher: Das Fleischerhandwerk steht vor großen Herausforderungen, denn Sie können sich denken, dass die momentane wirtschaftliche Situation auch und gerade den Betrieben des Fleischerhandwerks zu schaffen macht. Die in den letzten Wochen veröffentlichten Zahlen vom Arbeitsmarkt wirken sich negativ auf das Konsumklima in Deutschland aus, gleich, mit welchen statistischen Tricks sie gerade klein- oder großgerechnet werden.
Sind hier gerade zweierlei Maßnahmen bitter nötig, um wieder Schwung in Deutschlands Binnenkonjunktur zu bringen:
Einerseits sollten die so oft angekündigten steuerlichen Entlastungen für den arbeitsintensiven Mittelstand endlich einmal wirklich umgesetzt werden. Eine Unternehmenssteuerreform, die neben einer deutlichen Entlastung der Betriebe auch endlich eine klare Vereinfachung des Steuerrechts bringt.
Steuerreform hat nichts bewirkt
Das Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform hat hier nichts bewirkt. Zwar sind die Steuersätze ein Jahr früher gesenkt worden, aber durch die Kürzung oder Streichung von Subventionstatbeständen sind die Betroffenen unter dem Strich dauerhaft stärker belastet worden. In Zahlen: Die steuerliche Belastung für die Bundesbürger ist zum Jahreswechsel 2004 auf 2005 nochmals um 8 Milliarden Euro angestiegen!
Sozialen Sicherungssysteme viel zu teuer
Auch die Belastungen durch Abgaben für die sozialen Sicherungssysteme müssen drastisch reduziert werden, insbesondere bei der Arbeitslosenversicherung.
Die Mittel, die von der Bundesregierung für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben werden – sei es für künstliche Beschäftigung, Ich-AG’s oder 1-Euro-Jobs könnten in den Betrieben zielgerichteter zur Investition und Schaffung „echter“, neuer Arbeitsplätze verwendet werden, anstatt nahezu wirkungslos irgendwo zwischen dem zweiten und dritten Arbeitsmarkt zu verpuffen!
es ist in Deutschlands überregulierten Arbeitsmarkt schon schwer genug, den Bedarf an qualifiziertem Personal den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Das gilt zumindest für die im Handwerk üblichen, ordentlichen Beschäftigungsverhältnisse.
Hier spreche ich einen weiteren Punkt an, bei dem wir bis jetzt nur die Spitze des Eisberges erkennen können:
Halblegale Billigstarbeiter
Halblegale Billigstarbeiter aus den neuen EU-Staaten bekommt man im Moment in Deutschland anscheinend problemlos und gleich Kolonnenweise. Als Ergebnis verlieren Tausende von Zerlegern in deutschen Großbetrieben gerade ihre Jobs.
Wir werden gelegentlich gefragt, ob auch das Fleischerhandwerk diesen in der Fleischwirtschaft offensichtlich weit verbreiteten Weg geht. Ich denke es ist offensichtlich, dass unsere Betriebe mit einer Größe von durchschnittlich rund 10 Mitarbeitern keine Arbeitskolonnen aus Osteuropa einsetzen können und wollen.
Wir sehen diese Zustände eher als Anfang einer Entwicklung, die uns mit großer Sorge erfüllt. Denn bei den Industriebetrieben der Fleischwirtschaft herrschen besonders günstige Bedingungen für den Einsatz von osteuropäischen Billigstlöhnern.
Zerlegekolonnen haben Tradition
In solchen Betrieben haben Zerlegekolonnen, also Fremdfirmen, die bestimmte Arbeiten übernehmen, eine lange Tradition. Das ist wohl der Grund dafür, dass hier die Folgen der Dienstleistungsfreiheit in der EU zuerst sichtbar werden. Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, bis auch andere Branchen diesen Weg zu billigen Arbeitskräften gehen. Was das für den deutschen Arbeitsmarkt bedeutet, mag man sich nicht ausmalen.
Die Leidtragenden werden dann auch und vor allem die kleinen und mittleren Betriebe sein, die Fachgeschäfte, deren wirtschaftlicher Erfolg so eng mit der Binnenkonjunktur verknüpft ist, wie dies bei kaum einem anderen Wirtschaftszweig der Fall ist.
Angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage ist es deshalb für uns nicht hinnehmbar, wenn ausgerechnet diejenigen Betriebe, die in großer Zahl Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen, die ihre Arbeitsplätze nicht ins Ausland verlegen und die ihren Beitrag zum Erhalt der Sozialsysteme leisten, mit zusätzlichen bürokratischen Auflagen belegt.
All diese Rahmenbedingungen machen es schwer, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Verschiedene Branchendaten weisen jedoch darauf hin, das nach drastischen Einbußen in den Vorjahren die Talsohle nun langsam durchschritten wird.
Jahresrückblick 2005
Die wirtschaftliche Entwicklung im Fleischerhandwerk hatte sich nach schwachem Start zu Jahresanfang 2004 im weiteren Verlauf eindeutig stabilisiert. Für das Fleischerhandwerk wurde im ersten Halbjahr selbst von amtlicher Seite eine leichte aufwärts gerichtete Umsatzentwicklung bestätigt.
Trotz äußerst schwierigem Umfeld gingen die Betriebszahlen nur noch geringfügig zurück, bei den Filialen wurde erstmals seit einem Jahr wieder eine Zunahme der Verkaufsstellen festgestellt.
Auch die Ausbildungsleistung zeigte wieder eine positive Tendenz. Ab Jahresmitte verfestigte sich dieser Trend noch weiter.
Umsatz & Erträge
Das Fleischerhandwerk konnte im vergangenen Jahr einen Gesamtumsatz von 15,6 Mrd. Euro erzielen, das sind 1,4 Prozent oder 220.000 Euro (Anmerkung der Redaktion: Herr Rycken meinte hier sicher die 220 Mio. € die tatsächlich 1,4 % von 15,6 Mrd. ausmachen) mehr als im Jahr 2003.
Die Erträge bleiben aber nach wie vor unsere Achillesferse, denn im extremen Preiswettbewerb ist es nahezu unmöglich, erforderliche Preisanpassungen direkt in den Ladenpreisen umzusetzen. Die notwenigen Anpassungen erfolgen immer erst
zeitverzögert und können auch nicht in vollem Umfang umgesetzt werden.
Im Fleischerhandwerk hat die seit Frühjahr verschärfte Beschaffungssituation vor allem bei Schweinefleisch in voller Härte auf die Ertragssituation durchgeschlagen. Diese ist auch derzeit noch als völlig unbefriedigend zu bezeichnen. Entsprechend kritisch beurteilen wir - trotz positiver Signale für Betriebe, Filialen und Beschäftigung - die Ertragslage in 2004.
Preisentwicklung
Denn seit September 2004 hat sich vor dem Hintergrund der drastischen Teuerung von Schweinefleisch, dem wichtigsten Rohstoff, der jahrelang rückläufige Verbraucherpreis für Fleisch und Fleischerzeugnisse umgekehrt und zeigt seitdem wieder einen aufwärts gerichteten Verlauf.
Im Jahresdurchschnitt ist, trotz gestiegener Rohstoffpreise, für 2004 dennoch ein um 0,2 Prozent niedrigeres Ladenpreisniveau zu verzeichnen als in 2003.
Der Fleischverzehr
Der Fleischverzehr pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland erreicht in 2004 nur knapp wieder das Vorjahresniveau. Frischfleisch im Discount und allgemeiner Billigtrend in der ersten Jahreshälfte konnten offensichtlich keinen Mehrverzehr an Fleisch stimulieren. Mit 8,8 kg pro Kopf und Jahr hat sich der Verzehr an Rind- und Kalbfleisch auf Vorjahresniveau behauptet.
Demgegenüber pendelte der Verzehr an Schweinefleisch nach kräftigem Anstieg im letzten Jahr um 200 g auf 39,5 kg wieder leicht zurück. Zu dieser Entwicklung dürfte nicht zuletzt der Anstieg der Verkaufspreise in der zweiten Jahreshälfte beigetragen haben.
Der Verzehr an Lamm- und Schaffleisch erreichte mit 700 g und der Verzehr an Innereien mit 600 g wieder das jeweilige Vorjahresvolumen. Während der Verzehr an Geflügelfleisch um weitere 100 g zulegen konnte und mit 10,9 kg auf seinen bislang höchsten Stand kletterte, hat der Verzehr an sonstigem Fleisch um 100 g weiter abgenommen.
Insgesamt haben wir Deutschen im Jahr 2004 pro Kopf 60,3 kg Fleisch und Fleischerzeugnisse verzehrt, das sind 200 Gramm weniger als im Vorjahr. Sowohl die erwartete Fleischproduktion wie auch die Entwicklung der Konsumnachfrage lassen einen Anstieg des durchschnittlichen Fleischverzehrs in 2005 als unwahrscheinlich gelten.
Betriebszahlen
Die Zahl der fleischerhandwerklichen Betriebe ist auch im vergangenen Jahr leicht zurück gegangen. Allerdings ist hier – ebenso wie schon im Jahr davor – eindeutig eine sich abschwächende Tendenz erkennbar. Das deutsche Fleischerhandwerk war Ende des Jahres 2004 mit insgesamt 29.243 Verkaufsstellen am Markt präsent. Diese Zahl setzt sich zusammen aus 18.037 eigenständigen Meisterbetrieben, hinzu kommen noch 11.206 Filialen.
Damit ist gegenüber dem Vorjahr die Anzahl der selbständigen Betriebe um nur 283 zurückgegangen. Dieser Rückgang liegt deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Erfreulicherweise hat sich der Trend zur Fililalisierung 2004 wieder leicht verstärkt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum sind 58 Filialen im Bundesgebiet hinzugekommen. Das bedeutet, jeder
vierte fleischerhandwerkliche Betrieb betreibt neben dem Stammgeschäft mindestens eine oder mehrere Verkaufsstellen.
Beschäftigte
Dennoch ging die Zahl der Beschäftigten im Fleischerhandwerk auf 168.100 zurück. Dies sind jedoch nur 1.300 weniger als im Vorjahr. Auch hier ist eine deutliche Stabilisierung gegenüber dem Vorjahr zu beobachten.
Ausbildung - positives Signal
Als ein positives Signal dürfen wir im Fleischerhandwerk die Ausbildungszahlen im vergangenen Jahr bewerten. Insgesamt haben in 2004 zusammen 3.044 junge Frauen und Männer, die den Fleischerberuf als ihre Zukunftsperspektive gewählt haben. Auch bei den Fleischerei-Fachverkäuferinnen und Fachverkäufern ist ein Anstieg der Ausbildungszahlen zu verzeichnen. Hier wurden 3.933 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen.
Damit befinden sich im Fleischerhandwerk zuletzt 18.518 junge Menschen in Ausbildung. Das entspricht einer Ausbildungsquote von 11 Prozent! In unseren Augen ist das ein klares Signal für die Zukunftsfähigkeit des Fleischerhandwerks.
Unabhängig von staatlichen Regulativen oder angedrohten Zwangsmaßnahmen wie z.B. die Ausbildungsplatzabgabe - das deutsche Handwerk und der deutsche Mittelstand braucht qualifizierten Nachwuchs.
Neue Inhalte für Ausbildung
Wir wollen ausbilden und wir wollen uns mit modernen Inhalten dem Wettbewerb mit anderen attraktiven Berufen stellen. Um das auch für die Zukunft sicherzustellen, haben wir die Ausbildung im Fleischerhandwerk gründlich überarbeitet. Sowohl für Fleischerinnen und Fleischer als auch für Fachverkäuferinnen und Fachverkäufer wird es neue, an moderne Anforderungen angepasste Ausbildungsinhalte geben.
Bei den Fleischern ist die hiermit verbundene Abstimmung weitestgehend abgeschlossen, weswegen wir damit rechnen können, dass die neue Ausbildungsordnung noch im August in Kraft tritt. Bei den Verkäuferinnen wird das Neuordnungsverfahren in Kürze anlaufen. Möglicherweise kann eine neue Ausbildungsordnung im Sommer 2006 eingeführt werden.
Die neuen Ausbildungsordnungen stellen sowohl die Betriebe als auch die Prüfungsausschüsse vor die Aufgabe, neue Inhalte und Abläufe zu vermitteln und abzuprüfen.
Wir sind derzeit damit befasst, ein detailliertes Handbuch zu erarbeiten, dass alle nötigen Informationen und Unterstützungen für die Ausbildungsbetriebe und die Prüfungsausschüsse enthält.
Wichtiger noch ist, dass wir jungen Menschen mit den überarbeiteten Ausbildungswegen eine noch bessere Perspektive als bisher geben können. Wir haben anspruchsvolle Berufe mit besten Zukunftsaussichten. Das wollen wir Berufseinsteigern deutlich machen.
Ernährung - auf die Beratung kommt es an
Ein weiterer Punkt, an dem sich das Fleischerhandwerk auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet, ist der Bereich Ernährung. Hier hatten unsere Meister schon immer eine hohe Kompetenz. Die unmittelbare Beratung der Kunden an unseren Verkaufstheken ist ganz wesentlicher Teil unserer Arbeit.
Ich darf daran erinnern, dass es unser Verkaufspersonal war, das beispielsweise in der BSEKrise die Hauptlast der Verbraucherberatung getragen hat. Das gilt jedoch nicht nur für Krisenzeiten, sondern hat in gleichem Maß bei der Beratung in allgemeinen Ernährungsfragen seine unverzichtbare Bedeutung.
Aus diesem Grund begrüßt der Deutsche Fleischer-Verband die von der Verbraucherschutzministerin initiierte Plattform für Ernährung und Bewegung e.V. Das deutsche Fleischerhandwerk wird hier gerne mitarbeiten.
Dieser Verein befasst sich vor allem mit den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen des zunehmenden Übergewichts bei Kindern. Neben der Bundesregierung, Kinderärzten, Elternvertretern, dem Sport und den Krankenkassen ist hier vor allem die Lebensmittelindustrie vertreten.
Deren Snack- und Fertigprodukte stehen als Dickmacher hauptsächlich im Zentrum der Verbraucherschützer. Auch wir als Vertreter des Lebensmittelhandwerks bringen uns in die übergreifende Zusammenarbeit unterstützend und beratend mit ein.
Aber nicht nur auf politischer Ebene machen wir uns für bewusste Ernährung und Verbraucherinformation stark. Längst haben unsere Betriebe das Thema für sich entdeckt.
Wurst die das Fett weg hat
Ich möchte Ihnen hier zwei Beispiele nennen, da wir hier im schönen Bayern sind, nehmen wir zwei Beispiele aus dieser Region:
Aus der Innung Kempten-Oberallgäu kommt zum Beispiel die „Allgäuer Sportlerwurst“. Sie wurde eigens für die nordische Ski-WM in Oberstdorf kreiert und ist eine Art Bierwurst, für die ausschließlich Qualitätsfleisch heimischer Tiere verwendet wird. Sie enthält einen besonders hohen Anteil von Fleischeiweiß und ist obendrein stark fettreduziert. Genaugenommen enthält die Wurst bei vollem Geschmack nur 7 Prozent Fett.
Der Würstelstürmer wurde hier in München von der Metzgerei Gaßner entwickelt und speziell auf die Ernährungsbedürfnisse von Kindern zugeschnitten. Sie enthalten zum Beispiel einen hohen Anteil von Omega-3-Fettsäuren, da ein Anteil tierischen Fettes durch Pflanzenöl ersetzt wurde. Zudem liegt ihr Fettgehalt deutlich unter dem herkömmlicher Wiener
Würstchen.
An diesen beiden Beispielen wird deutlich: Das Fleischerhandwerk braucht sich in Sachen bewusster, zeitgemäßer Ernährung nicht zu verstecken.
Quelle: München [ dfv ]