Perspektiven für den Schweinemarkt
Wie geht es weiter mit der deutschen Schweineproduktion? Auf dem diesjährigen Schweinehandelstag auf Burg Warberg trafen sich am 27. und 28. September knapp 200 Experten aus der gesamten Branche, um dieses Thema zu diskutieren.
Perspektiven für den Schweinemarkt
Wie geht es weiter mit der deutschen Schweineproduktion? Auf dem diesjährigen Schweinehandelstag auf Burg Warberg trafen sich am 27. und 28. September knapp 200 Experten aus der gesamten Branche, um dieses Thema zu diskutieren.
Unabdingbar für die gesamte Wertschöpfungskette am Schweinefleischmarkt ist mit Blick auf die wachsende internationale Konkurrenz die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu ist nach Ansicht von Ralf Goessler, Geschäftsführer der den Schweinehandelstag mittragenden ZMP, zwingend notwendig, dass die Protagonisten gemeinsam handeln. Ein Vorpreschen Einzelner sei wenig geeignet.
Doch wie kann ein gemeinsames Handeln organisiert werden? Muss sich die Branche dazu stärker integrieren? Prof. Dr. Achim Spiller vom Institut für Agrarökonomie der Universität in Göttingen ist der Überzeugung, dies sei nicht notwendig. Er findet die Argumente, die bisher als Begründung für eine stärkere Integration angeführt wurden, wenig stichhaltig. Sicher, eine stärkere Koordination sei notwendig. Doch wären die Rückverfolgbarkeit, ein stufenübergreifendes Qualitätsmanagement, die Abstimmung der Genetik oder eine bessere Beratung und Schulung auch auf andere Weise zu organisieren. Als Beispiel nannte er die Automobilindustrie: Dort käme niemand auf die Idee, seine Zulieferer zu integrieren.
Sehr hilfreich für eine bessere Zusammenarbeit sei ein besseres Vertrauensmanagement der Schlachtunternehmen. Dass dieses Vertrauen durchaus verbesserungswürdig ist, belegte Prof. Spiller mit Befragungsergebnissen, die eindrucksvoll zeigen, wie unterschiedlich die Landwirte ihre Vermarktungspartner schätzen und wie eng damit die Wechselwilligkeit im Falle eines Problems zusammenhängt. Für die gesamte Branche ergibt sich aus den Einschätzungen von Prof. Spiller „lediglich“ die Notwendigkeit einer stärkeren horizontalen Vernetzung.
Konzentration geht weiter
Die Notwendigkeit zur stärkeren Konzentration auf Erzeugerseite ergibt sich auch aus dem Vortrag von Jens Graefe von der HSH Gudme Corporate Finance GmbH in Hamburg, ein Beratungsunternehmen und 100 %ige Tochter der HSH Nordbank. Nach seiner Einschätzung wird sich der Konzentrationsgrad in der europäischen Fleischwirtschaft weiter fortsetzen.
In Deutschland konzentrieren inzwischen die drei größten Schlachtunternehmen fast 50 Prozent der Schweineschlachtungen auf sich, und sie machen damit fast 15 Milliarden Euro Umsatz; vor nur drei Jahren verteilte sich diese Summe noch auf die TOP-9-Unternehmen. In Europa sind Veränderungen in ähnlich atemberaubendem Tempo festzustellen.
Diese zunehmende Unternehmensgröße führt unter den Fleischvermarktern zu einem scharfen Wettbewerb. Für die einzelnen Unternehmen der Schlachtbranche ergäben sich daraus drei mögliche Strategien:
Das Anstreben der Marktführerschaft, die Nischenstrategie und die Exitstrategie – mittlere und kleinere Unternehmen dürften auf längere Sicht aus dem Markt aussteigen.
Mit dem internationalen Schweinemarkt beschäftigte sich Dr. Dietmar Weiß, Abteilungsleiter der ZMP. Er stellte fest, dass die deutschen Schweinemäster im letzten Jahr außerordentlich erfolgreich am internationalen Markt agierten. Mit rund 925.000 Tonnen an Exporten wurde das Ergebnis aus dem Jahr 2003 um rund zwölf Prozent übertroffen. Und dieser Trend scheint sich fortzusetzen, voraussichtlich wird am Jahresende die Marke von einer Million Tonnen klar übertroffen sein. Dabei profitieren die deutschen Schweinemäster davon, dass die letzte Schweinepest in den Niederlanden so manchen Fleischimporteur auf deutsche Ware umschwenken ließ und er dabei blieb.
Ermöglicht werden die hohen deutschen Exporte aber auch durch einen neuen Produktionsrekord hierzulande. Mit 47,5 Millionen Schweinen könnten über das gesamte Jahr 2005 rund 100.000 Tonnen mehr Schweinefleisch produziert werden als 2004, wobei ein ganzer Teil des Zuwachses aus den höheren Lebendviehimporten resultiert.
Politik muss stärker helfen
Hinsichtlich der Exporte ist sich die Branche sicher, dass ein stärkerer Einsatz der Politiker für die Belange der Agrarexporteure sehr hilfreich wäre. Das beträfe zum einen die Vorschriften hierzulande, zum anderen aber auch den Einsatz vor Ort im Ausland. Der ist nach Einschätzung der deutschen Wirtschaftsvertreter in den letzten Jahren sehr spärlich ausgefallen: Noch immer gebe es beispielsweise aufgrund eines fehlenden Veterinärabkommens mit China – auch nach einigen Besuchen deutscher Politiker dort – keine Möglichkeiten, Schweineprodukte direkt ins Reich der Mitte zu liefern. Selbst für Nebenprodukte, die hierzulande eher entsorgt werden müssten wie Ohren und Pfoten, seien dort traumhafte Preise zu erzielen, die pro Schwein den Erlös um drei bis fünf Euro steigern könnten.
Ein weiteres Thema, das beim Schweinehandelstag im Mittelpunkt der Diskussionen stand, war – wie üblich – der Schweinepreis, die Art der Preisfindung und die Transparenz in diesem Sektor. Und wie jedes Jahr gingen auch nun die Meinungen darüber zwischen Landwirten und Schlachtunternehmen mehr oder weniger deutlich auseinander:
- Einig war man sich noch weitgehend darüber, dass es weder den Landwirten noch den Schlachtunternehmen nützt, wenn die Preise zu stark und heftig springen. Aber die Instrumente dazu waren umstritten: Die Schlachter halten eine Notierung alle 14 Tage für sinnvoll, die Erzeuger zwei Notierungen pro Woche.
- Uneins war man sich auch hinsichtlich der Preistransparenz bei den Mastschweinen. Franz-Josef Möllers, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, sieht hier einen großen Nachholbedarf und begrüßte die Fortschritte im ZMP-Schweinepreisvergleich, der mehr Transparenz in die Auszahlungsleistungen einzelner Schlachtereien bringen soll. Dagegen sieht die „Rote Seite“ ihre Marktpartner durchaus gut informiert und nicht auf die Hilfe der ZMP angewiesen – ohne allerdings ihre Unterstützung von vornherein abzulehnen.
Quelle: Bonn [ zmp ]